Z Gastroenterol 2021; 59(08): e266
DOI: 10.1055/s-0041-1733765
Ernährungsmedizinische und pharmakologische Intervention in der gastroenterologischen Pharmakologie
Montag, 13. September 2021, 15:10-16:30 Uhr, After-Work-Stream: Kanal 2
Stoffwechsel Ernährung und gastroenterologische Endokrinologie

Therapie der Alkaptonurie mit Nitisinon: eine erste retrospektive Analyse bei 14 Patienten

J Köhler
1   Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektionlogie, Düsseldorf, Deutschland
,
D Schöler
1   Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektionlogie, Düsseldorf, Deutschland
,
B Förner
1   Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektionlogie, Düsseldorf, Deutschland
,
V Korpel
1   Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektionlogie, Düsseldorf, Deutschland
,
L Wagner
2   Deutschsprachige Selbsthilfegruppe für Alkaptonurie e.V., Stuttgart, Deutschland
,
P May
1   Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektionlogie, Düsseldorf, Deutschland
,
V Keitel-Anselmino
1   Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektionlogie, Düsseldorf, Deutschland
,
T Luedde
1   Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektionlogie, Düsseldorf, Deutschland
,
S vom Dahl
1   Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektionlogie, Düsseldorf, Deutschland
› Author Affiliations
 
 

    Einleitung Die Alkaptonurie (AKU) ist eine oft übersehene, meist im fortgeschrittenen Stadium diagnostizierte, autosomal-rezessive Störung des Aminosäurestoffwechsels (OMIM # 203500). Die Inzidenz beträgt ca. 1:500.000. In Deutschland sind vermutlich ≤ 100 Individuen betroffen. Ursächlich ist ein Mangel an funktionsfähiger Homogentisinsäure-(HGA)-1,2-Dioxygenase (HGA-Dioxygenase). Dieses Enzym katalysiert den Abbau der aus Phenylalanin und Tyrosin (Tyr) stammenden HGA. Durch den enzymatischen Block kommt es zur Akkumulation von HGA und Bildung von Benzochinon-Derivaten. Eine typische Schwarzfärbung des Urins, eine Ochronose sowie damit verbundene schwere ossäre und internistische Komplikationen treten auf. Im Herbst 2020 wurde mit Nitisinon (Orfadin®) die erste medikamentöse Therapie der AKU in Deutschland offiziell zugelassen.

    Ziel Im Rahmen dieser Studie werden erstmalig in Deutschland erhobene Behandlungsdaten zur oralen Therapie mit Nitisinon (2 -10 mg/d), vorgestellt.

    Methode Die Datensätze von 14 Patienten (7w/7m, 55 Jahre Range 23-65), die im Düsseldorfer Stoffwechselzentrum, auch mittels compassionate use, im Zeitraum 2016-2021 behandelt wurden, wurden retrospektiv analysiert. Durchschnittlich wurde bisher 12 Monate behandelt (6 bis 36 Monate) Zur Analyse der Therapieeffizienz von Nitisinon wurden die Konzentrationen von HGA im Urin, Tyr im Plasma und der klinische AKUSSI Score (AKU Severity Score Index) vor und während der Behandlung bestimmt.

    Ergebnis Die durchschnittliche HGA-Konz. im Urin vor Einleitung der Therapie lag bei 3,9 ± 0,6 g/l (Norm < 0,1, alle Angaben SEM) und wurde durch Nitisinon auf 0,16 ± 0,05 g/l gesenkt (p< 0,01). Der AKUSSI-Score fiel von 62 ± 11 Punkten (Range 8-94) auf 25 ± 9 (Range 0-52, p =  0,02). Tyr im Plasma stieg von 55 auf 566 ± 37 µmol/l, lag aber unter tyrosinarmer Diät im Zielbereich von < 600 µmol/l. Relevante klinische Nebenwirkungen, insbesondere eine durch Hypertyrosinämie ausgelöste Keratopathie, wurden nicht beobachtet.

    Schlussfolgerung Die Therapie mit Nitisinon führt zu einem signifikanten Abfall der HGA im Urin, zu einer deutlichen Besserung des AKUSSI-Scores sowie zu einer asymptomatischen Hypertyrosinämie. Die Erkrankung muss früher erkannt und behandelt werden.


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    Publication History

    Article published online:
    07 September 2021

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