Pneumologie 2016; 70(06): 363-364
DOI: 10.1055/s-0042-108296
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gesundheitswesen – Bestechung und Bestechlichkeit – Gesetzeslücken werden geschlossen

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Publication Date:
28 June 2016 (online)

 

    Der Deutsche Bundestag hat am 14. April 2016 das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen beschlossen. Da bisher alle strafwürdigen Formen unzulässiger Einflussnahme im Gesundheitswesen durch das Berufs-, Sozial-, Straf- und Verbandsrecht nicht erfasst werden konnten, wurden jetzt die 2 neuen Straftatbestände Bestechlichkeit (§299a) und Bestechung (§299b) ins Strafrecht eingeführt.

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    (© M&S Fotodesign/www.Fotolia.com; Symbolbild)

    Nach Ansicht des Gesetzgebers beeinträchtigt die Korruption im Gesundheitswesen den Wettbewerb, verteuert medizinische Leistungen und untergräbt das Vertrauen der Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen. Korruptionsrisiken gehen somit insbesondere auf die bei bestimmten Heilberufsgruppen konzentrierten Entscheidungsbefugnisse zurück. Damit haben Ärzte und Apotheker eine Schlüsselstellung im Gesundheitswesen, die v. a. auf der Verschreibungs- und Apothekenpflicht sowie auf der Berechtigung zur Verschreibung von Arzneimittel beruht.

    Auch wenn in den letzten Jahren das Verhältnis zwischen Ärzten und der Industrie durch die Verschärfung des ärztlichen Berufsrechts und die Einführung eines Pharmakodex modifiziert wurde, so sind dennoch immer wieder einzelne findige Marketingstrategen durch Entwicklung neuer Werbemethoden erfolgreich in ihrer Zielsetzung gewesen – wie auch folgendes Beispiel zeigt: Um Ärzte erreichen zu können, wurden wiederholt sog. Workshops kreiert und für die Teilnahme den Ärzten „Aufwandsentschädigungen“ in Höhe von 500 € plus Reisekosten für die „Vorbereitung und aktive Teilnahme am Workshop“ ausgelobt. Diese Art der Veranstaltung würde z. B. von der Landesärztekammer Nordrhein auf keinen Fall zertifiziert. Auch würden an so einer Veranstaltung teilnehmende Ärzte berufsrechtlich zur Verantwortung gezogen. Und da die Berufsordnung der Landesärztekammer im Wesentlichen der Musterberufsordnung der Bundesärztekammer (§§ 32 MBO-Ä, 2015) folgt, werden auch andere Landesärztekammern zu ähnlichen Ergebnissen kommen müssen.

    An diesem zunächst unverfänglich erscheinendem Beispiel zeigt sich, wie schmal der Grat zwischen „erlaubt" und „nicht erlaubt" bereits schon vor dieser Gesetzeserweiterung gewesen ist.

    Wegen der erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung des Gesundheitswesens soll nun allen korruptiven Praktiken zusätzlich durch Mittel des Strafrechts entgegengetreten werden. Deswegen wurden jetzt folgende Straftatbestände neu eingeführt:

    • Bestechlichkeit im Gesundheitswesen (§ 299a StGB)

    • Bestechung im Gesundheitswesen (§ 299b StGB)

    § 299a Bestechlichkeit im Gesundheitswesen

    (1) Wer als Angehöriger eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial

    1. einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge oder

    2. seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze,

    wird mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

    (2) Ebenso wird bestraft, wer als Angehöriger eines Heilberufs im Sinne des Absatzes 1 einen Vorteil dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten, die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind, seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze.


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    § 299b Bestechung im Gesundheitswesen

    (1) Wer einem Angehörigen eines Heilberufs im Sinne von § 299a Absatz 1 im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial

    1. ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge oder

    2. seine berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze

    wird mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

    (2) Ebenso wird bestraft, wer einem Angehörigen eines Heilberufs im Sinne des Absatz 1 im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten, die zur Abgabe an den Patienten bestimmt sind, seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletze.

    Somit kommt zu den bisherigen Sanktionsmöglichkeiten wie das Wettbewerbsrecht (§ 7 HWG), Berufsrecht (§§ 30 ff MBO-Ä) und Sozialrecht (§ 128 SGB V) jetzt noch das Korruptionsstrafrecht (§§ 299a, b StGB) hinzu.

    Allen Kollegen ist dringend zu raten, sich bei Kontakten mit der (Pharma-)Industrie vorab bei der Landesärztekammer schriftlich bestätigen zu lassen, ob die geplante Aktivität zulässig ist.

    Nicht zufällig hat der Vorstand des Bundesverbands der Pneumologen (BdP) seit längerer Zeit einen Verhaltenskodex für die ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitglieder beschlossen. Auch hat er ein Zertifizierungsverfahren für Industrieveranstaltungen mit dem BdP eingeführt. Im Rahmen der Fürsorgepflicht des BdP wird jedem Mitglied empfohlen, bei geplanten Fortbildungsveranstaltungen z. B. mit der Pharmaindustrie nicht nur auf das BdPZertifizierungs- Verfahren hinzuweisen, sondern auch darauf zu drängen, dass dieses umgesetzt wird.

    Wer sich persönlich zu den Auswirkungen des Antikorruptionsgesetzes informieren möchte, kann dies an den BdPPraxistagen in Berlin (11.–12. Juni 2016) verwirklichen.

    Dr. Dietrich Rohde, Mühlheim


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