Dtsch Med Wochenschr 2016; 141(18): 1284
DOI: 10.1055/s-0042-111105
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Für und Wider der Antiepileptika-Therapie nach einem ersten Anfall

Susanne Meinrenken
Leone et al.
Immediate antiepileptic drug ….

Cochrane Database Syst Rev 2016;
5: CD007144
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Publication History

Publication Date:
06 September 2016 (online)

 

    Einleitung | Über das Risiko wiederholter Anfälle nach einem erstmaligen, nicht provozierten Krampfanfall oder einer Epilepsie (d. h. mindestens 2 klinisch nicht provozierte Anfälle) gibt es widersprüchliche Evidenz. Zudem ist der Nutzen einer sofortigen Therapie mit oralen Antiepileptika umstritten. Leone et al. untersuchten daher in einem Cochrane Review die Wirksamkeit und mögliche Schäden einer sofortigen Behandlung.

    Studien | In das Review schlossen die Autoren 6 (quasi) randomisierte Studien ein, in denen eine sofortige Therapie nach einem erstmaligen Krampfanfall verglichen wurde mit einer späteren Behandlung, Placebo oder keiner Therapie. Nur eine der Studien war doppelblind, zwei große Untersuchungen waren ohne Verblindung durchgeführt worden. Es hatten insgesamt 1634 Probanden verschiedenen Alters teilgenommen, darunter 958 Männer und 676 Frauen.

    Ergebnisse | Im Vergleich zu den Kontrollgruppen war das Risiko eines Rückfalls nach einem Jahr bei den sofort behandelten Patienten niedriger (Relatives Risiko [RR]: 0,49 [95 %-Konfidenzintervall 0,42–0,58], hohe Qualität der Evidenz). Dies galt ebenfalls für den Zeitpunkt nach 5 Jahren (RR: 0,78 [0,68–0,89], hohe Qualität der Evidenz). Außerdem blieben diese Patienten mit höherer Wahrscheinlichkeit nach dem ersten Anfall für 5 Jahre in Remission (RR: 1,25 [1,02–1,54], hohe Qualität der Evidenz).

    Im Hinblick auf eine längerfristige Prognose ergab sich allerdings für die Wahrscheinlichkeit einer 5-Jahres-Remission zu irgendeinem Zeitpunkt kein Unterschied zwischen den Gruppen (RR: 1,02 [0,87–1,21], hohe Qualität der Evidenz). Die antiepileptische Therapie beeinflusste die krankheitsspezifische Mortalität nicht. Unter unerwünschten Wirkungen litten die Patienten nach sofortiger Therapie eher als diejenigen, die erst später Antiepileptika erhielten (RR: 1,49 [1,23–1,79], moderate Qualität der Evidenz).

    Wird ein erster, nichtprovozierter Krampfanfall sofort antiepileptisch behandelt, sinkt das Risiko für einen weiteren Anfall. Langfristig hat dies jedoch keinen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer Remission. Da Antiepileptika zudem Nebenwirkungen verursachen und die Mortalität nicht senken, empfehlen die Autoren, die Indikation für solche Patienten abhängig von deren Präferenz, klinischer, rechtlicher und soziokultureller Faktoren zu stellen.


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