Pneumologie 2007; 61(3): 140
DOI: 10.1055/s-2007-972201
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ARDS - Effizienz und Sicherheit von Corticosteroiden

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Publication Date:
20 March 2007 (online)

 
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Das persistierende ARDS ist gekennzeichnet durch überschießende Fibroproliferation, fortgesetzte Entzündung, prolongierte Beatmung und hohe Mortalität. Da frühere Untersuchungen auf eine Verbesserung des Überlebens durch Corticosteroide hindeuteten, wurde nun von K.P. Steinberg et al. eine multizentrische, randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudie zur Behandlung von ARDS-Patienten mit Steroiden vorgenommen. N Eng J Med 2006; 354: 1671-1684

Eingeschlossen wurden 180 Patienten, bei denen seit mindestens 7 Tagen ein Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS) vorlag. Diese erhielten entweder Methylprednisolon (einmalige Dosis 2 mg/kg KG, anschließend 0,5 mg/kg KG 4-mal täglich, für 14 Tage) oder Plazebo.

Die Mortalität in beiden Untersuchungsgruppen nach 60 und 180 Tagen unterschied sich nicht (nach 60 Tagen: Methylprednisolongruppe 29,2%, Plazebogruppe 28,6%, p = 1,0, nach 180 Tagen: Methylprednisolongruppe 31,5%, Plazebogruppe 31,9%, p = 1,0). Interessanterweise lag bei Patienten, die die Methylprednisolontherapie erst 14 oder mehr Tage nach Auftreten des ARDS begannen, die Mortalität sowohl nach 60 als auch nach 180 Tagen signifikant höher als in der Plazebogruppe. In der Methylprednisolongruppe wurden bessere Ergebnisse für zahlreiche kardiorespiratorische Messwerte wie die Zahl der beatmungsfreien und schockfreien Tage, die Oxygenierung, die Compliance, den Blutdruck und die Zahl der katechol-aminpflichtigen Tage erreicht. Die Rate der infektiösen Komplikationen war in der Methylprednisolongruppe nicht erhöht, wohl aber die Rate von neuromuskulärer Schwäche.

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Methylprednisolgabe erhöht scheinbar Mortalität

Die Autoren folgern, dass diese Daten trotz der Verbesserung kardiorespiratorischer Werte den Einsatz von Steroiden beim persistierenden ARDS nicht unterstützen. Der Beginn einer Methylprednisolongabe 14 oder mehr Tage nach Beginn des ARDS schien die Mortalität sogar zu erhöhen.

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Bewertung

Diese Studie demonstriert die Komplexität des Zusammenhangs zwischen dem Fortschreiten des ARDS und den entzündlichen Vorgängen. Offenbar gibt es für den Einsatz von Steroiden beim ARDS - wenn überhaupt - nur ein enges Zeitfenster 7 bis 14 Tage nach Einsetzen des Syndroms. Interessant ist weiterhin die Frage, inwiefern der genetische Hintergrund und andere interindividuelle Unterschiede ausschlaggebend für den Therapieerfolg sind. Diesbezüglich könnten weitere Untersuchungen des ARDS Clinical Trials Network, die genetische Polymorphismen mit phänotypischer Relevanz berücksichtigen, Aufschluss geben.

Referiert und bewertet von H. Biller, Freiburg