Dialyse aktuell 2007; 11(5): 40
DOI: 10.1055/s-2007-985800
Markt und Forschung

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Nicht nur im Notfall - Die Gefäße des Diabetikers im Visier

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Publikationsdatum:
06. August 2007 (online)

 
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Die Gefäße des Diabetikers gilt es zu retten. Das betrifft nicht nur die Situation in akuten Ereignissen wie atherothrombotischen Verschlüssen, sondern auch die Prophylaxe. Darin sind sich die Experten einig. Eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Gefäßkomplikationen spielen demnach subklinische inflammatorische Prozesse am Endothel.

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Besonders niedrige Blutdruck- und Blutfettwerte anstreben

Zwei von drei Klinikeinweisungen von Diabetikern gehen auf das Konto von Herz-Kreislauferkrankungen und mindestens drei von vier Stoffwechselerkrankten sterben vorzeitig an kardiovaskulären Komplikationen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall, betonte Prof. Diethelm Tschöpe, Bad Oeynhausen. Aus diesem Grund sollten bei Typ-2-Diabetikern neben der Glukosekontrolle besonders niedrige Zielwerte für Blutdruck und Blutfette angestrebt werden, vor allem dann, wenn bereits eine koronare Herzkrankheit (KHK) vorliegt. Im Einzelnen nannte der Mediziner, der zugleich Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung "Der herzkranke Diabetiker" ist, folgende Behandlungsziele:

  • Blutdruck < 130/80 mmHg; bei bereits bestehender Nephropathie < 125/75 mmHg

  • LDL-Cholesterin < 100 mg/dl; bei höhergradigem Risiko < 70 mg/dl

  • Triglyzeride < 150 mg/dl

  • HDL-Cholesterin > 40 mg/dl bei Männern und > 45 mg/dl bei Frauen.

Besondere Aufmerksamkeit sollte einer wirksamen Prophylaxe akuter Ereignisse geschenkt werden. Obwohl die Effizienz einer Thrombozytenaggregationshemmung mit Acetylsalicylsäure (ASS) in großen Präventionsstudien hinlänglich bewiesen wurde, kommen ausgerechnet Diabetiker seltener in den Genuss einer niedrig dosierten ASS-Gabe, bemängelte der Diabetologe. Gerade Diabetiker profitieren jedoch in doppelter Hinsicht von der Prophylaxe. ASS mindert nicht nur die Aggregations- und Adhäsionsbereitschaft der Thrombozyten, die bei Diabetikern basal erhöht ist, sondern wirkt auch inflammatorischen Prozessen im Endothel entgegen. Diese spielen für die Progression der endothelialen Dysfunktion eine zentrale Rolle. Ihre Inhibition vermag somit auch das Fortschreiten der Atherosklerose zu bremsen und die Rate an letalen Ereignissen zu limitieren.

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Alphaglukosidasehemmer bremst CRP-Anstieg und vermindert Leukozytenzahl

Eine positive Auswirkung auf inflammatorische Prozesse am Endothel wurde auch für die Senkung postprandialer Glukoseanstiege beobachtet, berichtete Prof. Markolf Hanefeld, Dresden. Ihm zufolge liegen mittlerweile umfassende Studiendaten vor, nach denen mit dem Alphaglukosidasehemmer Acarbose der Anstieg des C-reaktiven Proteins (CRP) gebremst und die Leukozytenzahl gemindert wird. Wie sich in der AIDA[1]-Studie herausstellte, wiesen Typ-2-Diabetiker nach einem standardisierten Frühstück unter Acarbose einen im Vergleich mit Placebo um 20-30% verminderten Leukozytenanstieg auf. Da zugleich auch die Lymphozyten abgesenkt wurden, folgerte Hanefeld, dass mit Acarbose auch die Immunantwort des Darmes moduliert wird.

Diese experimentellen Befunde fanden nach Auffassung des Diabetologen Niederschlag in der STOP-NIDDM[2]-Studie. Hier zeigte sich bei Prädiabetikern, die Acarbose erhielten, eine Reduktion der Inzidenz neuer Diabetesfälle um 36% und zugleich auch eine Minderung kardiovaskulärer Ereignisse um 49%.

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Blutdrucksenkung mit Sartanen verbessert auch Insulinsensitivität

Den Blutdruck sollte man bei Diabetikern möglichst stoffwechselneutral einstellen. Das betonte Prof. Thomas Unger, Berlin. Neben einer effektiven Blutdrucksenkung könnten so die Sartane auch günstig auf die Glukosetoleranz und damit auf die Insulinsensitivität einwirken. Vermittelt, so der Experte, werden diese Effekte analog dem Wirkmechanismus der Glitazone durch eine Aktivierung von PPAR-gamma ("Peroxisomen Proliferator Activated Receptor gamma"). Telmisartan zeigte in NMR-Analysen (Kernspintomographie, "nuclear magnetic resonance") einen reduzierten Körperfettgehalt. Außerdem verbesserte sich das Blutfettprofil mit Anstieg des HDL-Cholesterins und Abfall der LDL- und Triglyzeridwerte.

Auf eine frühe Störung der Endothelfunktion weist eine erektile Dysfunktion (ED) hin. Bis zu 70% der Typ-2-Diabetiker sind laut PD Dr. Tim Schneider, Mülheim, von einer erektilen Dysfunktion betroffen. Da sich der Diabetes andererseits oft über eine erektile Dysfunktion manifestiert, sollte bei Patienten mit Potenzstörungen gezielt nach einer Stoffwechselstörung gefahndet werden. Eine gute Wirksamkeit mit Ansprechraten von etwa 70% verspricht nach Ausführungen des Urologen der Wirkstoff Vardenafil.

Martin Wiehl, Königstein-Falkenstein

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Quelle: Symposium "Der diabetische Risikopatient - eine interdisziplinäre Herausforderung" im Rahmen der 42. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in Hamburg, veranstaltet von der Bayer Vital GmbH, Leverkusen

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Bayer Vital GmbH, Leverkusen

01 Wirkung von Acarbose auf die subklinische Inflammation bei Typ-2-Diabetes und auf das Arterioskleroserisiko

02 Study TO Prevent Non-Insulin-Dependent Diabetes Mellitus

01 Wirkung von Acarbose auf die subklinische Inflammation bei Typ-2-Diabetes und auf das Arterioskleroserisiko

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