Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement 2018; 23(05): 267-272
DOI: 10.1055/a-0577-1833
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Professionelle Kodierung in Orthopädie und Unfallchirurgie – Schnell verdientes Geld im Krankenhaus?

Professional Coding in Orthopedics and Traumatology – Quickly Earned Money in the Hospital?
Frank Burger*
1   Institut für Forschung in der Operativen Medizin(IFOM), Universität Witten Herdecke
,
Sebastian Koob*
2   Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Bonn
,
Maren Walgenbach
1   Institut für Forschung in der Operativen Medizin(IFOM), Universität Witten Herdecke
,
Sonja Parbs
2   Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Bonn
,
Edmund A. M. Neugebauer
1   Institut für Forschung in der Operativen Medizin(IFOM), Universität Witten Herdecke
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Publication Date:
12 March 2018 (online)

Zusammenfassung

Das DRG-System (Diagnoses Related Groups) dient der Berechnung von Fallpauschalen, mit denen den Kliniken die stationären Behandlungen vergütet werden. Der erweiterte Arbeitsaufwand für die fachgerechte Durchführung erfordert zusätzliches Personal (Gesundheitsökonomen, Dokumentare). Bei der Codierung von Behandlungsprozeduren konnten Diskrepanzen zwischen den Eintragungen der behandelnden Ärzte und denen der Medizinökonomen festgestellt werden, die zu beträchtlichen Unterschieden hinsichtlich der Erlöse führten. Die vorliegende Untersuchung diente der Analyse dieser Diskrepanzen bezogen auf die im DRG-System vorgegebenen Fallbeschreibungen.

Material und Methoden An einer Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie führten die behandelnden Ärzte und ein Gesundheitsökonom unabhängig voreinander Codierungen der Diagnosen und Behandlungsprozeduren nacheinander eingewiesener Patienten unter Einbeziehung der Berechnung von Erlösen durch. Die Dokumentationen wurden tabellarisch zusammengestellt, um Vergleiche und Berechnungen vornehmen zu können.

Resultate Es wurden 295 Eintragungen gegenübergestellt. In 24,75 % der Fälle stimmten die Codierungen von Ärzten und Gesundheitsökonom überein. In den übrigen Fällen differierten die Eintragungen. Der durchschnittliche Unterschied bei den Erlösen betrug 3.552,29 (± 2947) Euro pro Abrechnungsfall. In 6 Fällen bewertete der Gesundheitsökonom den Erlös um mehr als 10 000,-€ höher als die Ärzte.

Diskussion Die teilweise sehr diffizile DRG-Codierung wird von behandelnden Ärzten nur teilweise beherrscht. Es entstehen bedeutende Diskrepanzen bei den Fallbeurteilungen zu den Medizinökonomen, was auf ein ungenügendes Wissen über das DRG-System, eine fehlende Routine und begrenzte Zeitressourcen zurückzuführen ist. Die Notwendigkeit einer Kosteneffektivität bewirkt eine mehr ökonomisch ausgerichtete Patientenversorgung, wodurch das individuelle Arzt-Patientenverhältnis eingeschränkt werden muss. Begleiterkrankungen können zum Nachteil der Patienten unterschätzt werden. Es sollte angestrebt werden, dass behandelnde Ärzte und Gesundheitsökonomen durch regelmäßigen Informationsaustausch einen Modus finden, um bei der DRG-Zuordnung einen weitgehenden Konsens zu erzielen, der ärztliche und ökonomische Aspekte berücksichtigt.

Abstract

The DRG system (Diagnoses Related Groups) is used to calculate case rates, which are used to compensate hospitals for inpatient treatment. The additional work requires additional staff (health economists, documentaries) for professional implementation. When coding treatment procedures, discrepancies between the entries of treating physicians and medical economists were identified, which led to considerable differences in revenue. The present study was used to analyze these discrepancies in relation to the case descriptions given in the DRG system.

Material and methods At a clinic for orthopedics and trauma surgery, treating physicians and health economists independently coded the diagnoses and treatment procedures of successively hospitalized patients, including the calculation of revenues. The documentation was compiled in tabular form for comparisons and calculations.

Results 295 entries were compared. In 24,75 % of the cases, the codes of physicians and health economists agreed. In the remaining cases, the entries differed, in many cases physicians assigned similar codes, which were corrected differently by the health economist. The average difference in revenues was 3.552,29 (± 2947) €; in 6 cases, the health care economist rated the proceeds more than 10 000,-€ higher than physicians.

Discussion The rather difficult DRG coding is only insufficiently known by treating physicians. There are significant discrepancies in the case assessments between medical economists and treating physicians, which are caused by a unsufficient knowledge, routine and time resources on the phyician´s side.The need for cost effectiveness results in a more economically oriented patient care, which yields a limit of the individual doctor-patient relationship.Concomitant diseases can be underestimated to the detriment of patients. The aim should be to ensure that physicians and health economists are able to find a mode through a regular exchange of information in order to achieve a broad consensus in the DRG classification, taking into account medical and economic aspects.

Fußnote

* geteilte Erstautorenschaft (equal contribution authorship)


 
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