Zeitschrift für Palliativmedizin 2018; 19(03): 130-132
DOI: 10.1055/a-0594-0895
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Doppelkopf: Klaus Aurnhammer und Frauke Backes

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Publication Date:
25 April 2018 (online)

Klaus Aurnhammer

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Zur Person

Geboren bin ich am 3.7.1960 in Bocholt als erstes von drei Kindern, mein Abitur machte ich in Wesel, in Mainz und Münster studierte ich Theologie und schloss in Münster 1987 mit dem Diplom ab; anschließend lernte ich die Krankenpflege von 1987 – 1990 in Bitburg; danach wechselte ich ins Saarland, wo ich unter anderem mit Dietrich Wördehoff 1991 die erste Palliativstation des Saarlandes in Völklingen mitgestaltete. Dort arbeitete ich als Seelsorger bis 2009, dann wechselte die Palliativstation nach Saarlouis. Ab 1992 bin ich in der ambulanten Hospizarbeit tätig, gründete das ambulante Hospiz St. Michael mit und den dazu gehörenden Förderverein. Seit vielen Jahren bin ich in der Landesarbeitsgemeinschaft Hospiz des Saarlandes im Vorstand tätig und engagiere mich im hiesigen Ethikkomitee. In vielfältiger Weise bin ich in der Aus- und Fortbildung tätig, mit Martina Kern und Monika Müller schrieb ich 1994 – 1995 das Basiscurriculum für Pflegende, bin in der Kursleiterausbildung tätig und leite selber seit vielen Jahren einen solchen Kurs für Pflegende. Ich bin seit 30 Jahren verheiratet und habe zwei Söhne im Alter von 30 und 27. Wir leben in einem Dorf in der Nähe von Saarlouis.

Wie kamen Sie in Ihr jetziges Tätigkeitsfeld?

Als Student war ich mehrere Male zu Kursen im Mutterhaus der Franziskanerinnen von Waldbreitbach, dort lernte ich die damalige Generaloberin Schwester Basina kennen. Da ich in meinem Heimatbistum Münster keine Perspektive sah, sprachen wir über die Möglichkeit, in einem der Häuser der Schwestern als Seelsorger zu arbeiten. Schwester Basina war bereit, schlug mir allerdings vor, noch eine Krankenpflegelehre zu machen. Ich war einverstanden. Als ich fertig war, rief das damalige Bundesgesundheitsministerium ein Modellprojekt ins Leben, das in jedem Bundesland eine sogenannte „Palliativeinheit“ fördern sollte. So gelangte ich mit meiner Familie ins Saarland.

Was wäre für Sie die berufliche Alternative?

Ehrlich gesagt, wüsste ich keine. Die palliative Arbeit hat mich 1991 gefunden. Dort bin ich glücklich.

Wie beginnen Sie Ihren Tag?

Ich starte mit duschen, frühstücken und 20 Minuten Meditieren mit meiner Frau.

Leben bedeutet für mich …

mich der Wirklichkeit des Seins hinzugeben. Diese Erkenntnis traf mich im Zusammenhang mit der Reanimation, die ich 2016 überlebte. Seitdem lebe ich intensiver, bin meinem Gott unendlich dankbar dafür, dass ich schlicht leben kann und steige jeden Morgen die sechs Stockwerke zu meinem Büro mit einem zunehmenden Glücksgefühl hoch. Die Erfahrung „der anderen Seite“ ermöglicht mir, Patienten noch intensiver zu begegnen und zu begleiten. Immer wieder denke ich, dass mein Lebensauftrag ist, auch anderen Menschen einen Zugang zum schlichten Sein zu ermöglichen.

Sterben bedeutet für mich …

mich der Wirklichkeit des Seins ein letztes Mal, und damit für immer, hinzugeben.

Welches Ziel möchten Sie unbedingt noch erreichen.

Ich möchte gerne Opa werden. Das aber wird noch dauern, denn meine Söhne sind bisher nicht verheiratet.

Meine bisher wichtigste Lernerfahrung im Leben ist …

2016 eine 30-minütige Reanimation so überlebt zu haben, dass ich seit einem Jahr wieder mit voller Kraft arbeiten kann. Das macht mich zutiefst dankbar. Ich war genau ein Jahr krankgeschrieben und habe ein halbes Jahr in neurologischen Reha-Kliniken verbracht. Dort traf ich auf so manch pfiffige Therapeutinnen und Therapeuten, die mir den Weg in die „Normalität“ wiesen. Mein Raumwahrnehmungszentrum war ziemlich lädiert, das Frontalhirn hatte keinen Schaden abbekommen. Ich startete mit der Raumwahrnehmung etwa auf dem Stand eines 3-jährigen Kindes, musste links von rechts unterscheiden lernen und wie man Hose und T-Shirt anzieht. Auch das Schreiben und Rechnen musste ich mir neu erobern. Im Moment lebe ich völlig normal, nur rückwärts einparken kann ich nicht, aber wer kann das schon? Auch nach über eineinhalb Jahre nach der Reanimation lernt mein Hirn noch fleißig und meine Frau und ich beobachten weitere Verbesserungen.

Was würden Sie gern noch lernen?

Ich möchte jeden Tag neue Menschen und ihr Schicksal sehen, erkennen und begleiten können. Vielleicht werde ich irgendwann vor der Rente noch Supervisor, mal sehen.

Woraus schöpfen Sie Kraft für Ihre Arbeit?

Ich habe zwei Quellen, aus denen ich schöpfe: Die Verbundenheit mit Gott und meine Beziehung zu meiner Frau, ohne deren Unterstützung ich wohl 2016 eingegangen wäre wie eine Primel. Sie war in der Früh-Reha 40 Tage rund um die Uhr bei mir, sie hatte sich freistellen lassen von der Arbeit. Wir sind in der Zeit bis heute ziemlich „ineinander hineingewachsen“. Das ist eine schöne Erfahrung.

Mit wem aus der Welt- oder Medizingeschichte würden Sie gern einmal einen Abend verbringen?

Ich würde an einem Wochenende zunächst mit Till Eulenspiegel verbringen und von seinem Schalk etwas lernen. Ich selbst bin ein ziemlich humorvoller Mensch und schlüpfe gerne selber in die Rolle des Narren. Am nächsten Tag würde ich gerne mit Frau Saunders über die Zukunft der Medizin plaudern. Mich würde interessieren, wie sie die Entwicklung der Palliativmedizin einschätzt und was sie von der rasanten Entwicklung der modernen Medizin hält.

Wenn ich einen Tag unsichtbar wäre …

würde ich mal in Rom beim Papst vorbeischauen.

Wie können Sie Frauke Backes beschreiben?

Frauke ist eine engagierte und äußerst energische Palliativmedizinerin. Sie weiß sehr genau, was sie will und setzt es durch. Ihre Patienten profitieren sicher von ihrem Fachwissen. Im Umgang mit ihren Patienten besticht sie durch ihre Besonnenheit und Umsicht. Bei Vorträgen fasziniert mich ihr Fachwissen und die Präzision ihrer Erläuterungen. Da bin ich das Gegenstück: ich hole aus, mache Gedankenbögen und erzähle weg vom Manuskript, Seelsorger eben.

Wie beenden Sie Ihren Tag?

Meist mit Lesen. Wir sitzen im Bett und haben unsere Bücher vor Augen.

Gibt es etwas, das Sie gern gefragt worden wären, aber noch nie gefragt worden sind?

Nö!