Z Gastroenterol 2018; 56(08): 1014-1015
DOI: 10.1055/a-0647-3046
Mitteilungen der Gastro-Liga
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„Auf den Punkt gebracht“

Was tun bei therapierefraktärer Refluxkrankheit?
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Publikationsdatum:
13. August 2018 (online)

Tilo Andus

Die gastroösophageale Refluxkrankheit gehört zu den häufigsten gastrointestinalen Erkrankungen in Deutschland. Typische Symptome sind: Sodbrennen und Säureregurgitation. Aber auch epigastrische Schmerzen, thorakale Schmerzen, Dysphagie, Odynophagie, Brennen im Rachen und Räuspern können auftreten. Bei typischer Symptomatik und Fehlen von Alarmsymptomen kann ein Therapieversuch z. B. mit einem Protonenpumpeninhibitor durchgeführt werden. Bei Alarmsymptomen wie Fieber, kurzer Vorgeschichte, Gewichtsverlust, Blut im Stuhl, Störung der Nachtruhe durch die Beschwerden, stetiger Zunahme der Beschwerden sollte zunächst eine Ösophagogastroduodenoskopie zum Ausschluss anderer gefährlicher Erkrankungen wie Karzinome durchgeführt werden.

Unter der Therapie mit einem Protonenpumpeninhibitor (PPI) kommt es meist zu einer raschen Besserung der Beschwerden. Nach Verschwinden der Refluxbeschwerden wird die Dosis im Sinne einer „Step-down“-Therapie langsam reduziert, beginnend mit der halben Standarddosis pro Tag, dann nur noch jeden 2. Tag, dann jeden 3. Tag und schließlich nur nach Bedarf in besonderen Situation, in denen mit Beschwerden zu rechnen ist.

Leider werden bis zu 30 % der Patienten unter dieser Standardtherapie nicht beschwerdefrei. Wie soll in solchen Fällen vorgegangen werden? Als erstes sollte die Compliance des Patienten überprüft werden. Basismaßnamen sollten erneut besprochen werden: Auslöser vermeiden, viele kleine Mahlzeiten, wenig Fett, viel Eiweiß, nicht zu spät zu Abend essen, Kopfteil des Betts erhöhen, Übergewicht reduzieren, Vermeidung von Stress und Rauchen. Zum Ausschluss anderer Ursachen für die Beschwerden kann eine weitere Diagnostik wie z. B. eine Ösophagogastroskopie mit Histologiegewinnung zum Ausschluss einer eosinophilen Ösophagitis oder eine High-Resolution-Manometrie zum Nachweis einer Achalasie oder anderer Ösophagusmotilitätsstörungen sinnvoll sein. Zur Sicherung und Einordnung des Refluxes (sauer/nicht sauer) empfiehlt sich eine pH-Metrie mit intraluminaler Impedanzmessung. Bei fehlendem Reflux sollte an eine funktionelle Dyspepsie oder einen Reizmagen gedacht werden.

Bei saurem Reflux sollte die PPI-Dosis für 8 Wochen verdoppelt und der Einnahmezeitpunkt optimiert werden (30 min vor einer Mahlzeit, 2 × tgl.). Bei nächtlichem Reflux kann ein H2-Rezeptor-Blocker ergänzt werden. Gelegentlich ist die zusätzliche oder alleinige Gabe von Alginat (Gaviscon) 4 × 2 Tbl/d hilfreich. Dieses schützt vor einer trotz PPI-Gabe persistierenden kardialen Säuretasche. Dabei handelt es sich um eine Zone in der Cardia, die vom Puffereffekt einer Mahlzeit kaum erreicht wird und daher stark sauer bleibt. Sie enthält rund 70 ml Magensaft, der erhebliche Probleme verursachen kann. Für Domperidon konnte gezeigt werden, dass es zusätzlich zu einem PPI die Beschwerden signifikant verringern konnte.

Bei saurem und nichtsaurem Reflux ist der Einsatz von GABA-Agonisten in Studien belegt: Baclofen (Lioresal) 2 – 3 × 5 – 10 mg, mit dem einschleichend begonnen werden sollte. Es hemmt die transiente Relaxation des unteren Ösophagussphinkters, und lindert die Refluxbeschwerden (Off-Label-Gebrauch).

Bei fehlendem Reflux können Psychopharmaka wie z. B. trizyklische Antidepressiva und SSRI wie Trazodon und Citalopram helfen.

In den letzten Jahren wurden verschiedene endoskopische Verfahren zur Therapie der Refluxkrankheit entwickelt. Diese sind derzeit noch eher als experimentell anzusehen.

Die Fundoplicatio n. Nissen oder n. Toupet mit Hiatoplastik ist ein etabliertes chirurgisches Verfahren, das bei unzureichender konservativer Therapie und Ausschluss einer funktionellen Dyspepsie oder bei Medikamentenunverträglichkeit gut eingesetzt werden kann.

Auch hier gibt es neue Entwicklungen wie z. B. das LINX-Verfahren, bei dem laparoskopisch ein Ring aus multiplen Magneten um den unteren Ösophagus gelegt wird. Dieser verringert in der Ruhesituation den Reflux. Beim Schlucken weichen die Magneten infolge der Propulsion der Speisen auseinander und ermöglichen die Passage der Speisen. Die Sicherheit und die Wirksamkeit sind durch Studien und Register belegt. Mittlerweile sind mehr als 12 500 Bänder implantiert.

Noch neuer und damit noch nicht so gut untersucht ist das Endostim-Verfahren, bei dem ein unter die Haut implantierter Schrittmacher mittels Elektroden die Muskulatur des unteren Ösophagussphinkters stimuliert und trainiert. Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, dass es auch bei Patienten mit einer schlechten Ösophagusmotilität angewandt werden kann, bei denen keine Fundoplicatio und kein LINX-Verfahren möglich ist. Größere Studien mit Langzeitdaten fehlen aber wegen der Neuheit dieses Verfahrens noch.

Zur Behandlung therapierefraktärer Patienten mit Refluxbeschwerden haben sich auch in Deutschland Zentren gebildet, die über alle diagnostischen und therapeutischen Verfahren verfügen und eine Anlaufstelle für diese Patienten sein können.

Informationen zum Autor

Prof. Dr. Tilo Andus ist Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Gastroenterologie, Hepatologie und Internistische Onkologie am Krankenhaus Bad Cannstatt, Klinikum Stuttgart.

Seine klinischen Schwerpunkte sind neben der Refluxkrankheit die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, die endoskopische Diagnostik und Therapie sowie die gastroenterologische Onkologie.

Prof. Dr. med. Tilo Andus
Refluxzentrum Bad Cannstatt
Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Gastroenterologie,
Hepatologie und Internistische Onkologie
Krankenhaus Bad Cannstatt
Klinikum Stuttgart
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