Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2020; 55(02): 106-116
DOI: 10.1055/a-0883-7326
CME-Fortbildung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Anästhesie bei Kindern und Jugendlichen mit Behinderung

Anaesthesia in Children and Adolescents with Disabilities
Michael Laschat
,
Jost Kaufmann
,
Frank Wappler
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Publication History

Publication Date:
18 February 2020 (online)

Zusammenfassung

Die sichere anästhesiologische Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen ist zumeist zeitaufwendig und anspruchsvoll. In diesem Beitrag wollen wir auf Besonderheiten in der perioperativen Versorgung von behinderten Kindern und Jugendlichen hinweisen. Auf die Probleme bei der Anästhesie von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störung, infantiler Zerebralparese und Trisomie 21 gehen wir im Anschluss näher ein.

Abstract

Children and adolescents with disabilities have the right of full and effective participation and inclusion in society. Disability includes a wide range of long-term physical, mental, intellectual and sensory impairments for various reasons. In addition to the basic illness many children with disabilities have concomitant diseases. These diseases are decisive for the perioperative risk. Information from parents regarding their childʼs behavioural patterns and needs, signs of escalating anxiety and pain are important. Perioperative dialog with the parents is helpful and has positive effects also from parental point of view. Pharmacologic premedication is recommended. Induction of anaesthesia can be challenging and sometimes requires unconventional methods. Pain behaviour may be unusual. There are suitable scales that incorporate such behaviours.

Kernaussagen
  • Menschen mit Behinderung haben ein Recht auf volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Dies schließt auch die medizinische Versorgung ein.

  • Behinderung ist der Oberbegriff für ein riesiges Spektrum von Einschränkungen des Intellekts, der Psyche, der Sinne oder des Körpers.

  • Neben der Grunderkrankung als Ursache für die Behinderung haben die Patienten überdurchschnittlich häufig Begleiterkrankungen.

  • Grund- und Begleiterkrankungen sind bestimmend für das perioperative Risiko.

  • Eltern und Betreuer kennen Vorlieben, Abneigungen, Verhaltensauffälligkeiten und individuelle Schmerzäußerungen ihrer behinderten Kinder in der Regel am besten. Ihr Beitrag ist für die Planung und Durchführung der Anästhesie extrem wertvoll.

  • Antiepileptika, Spasmolytika, Neuroleptika und Stimulanzien sollten perioperativ wenn möglich in gewohnter Weise gegeben werden.

  • Eine medikamentöse Prämedikation sollte erwogen werden.

  • Die Einleitungsphase der Narkose ist gelegentlich herausfordernd und verlangt unkonventionelle Vorgehensweisen. Die Sicherheit des Patienten soll dabei immer gewährleistet sein.

  • Zur Schmerzmessung gibt es spezielle Skalen, die Angaben der Eltern zum individuellen Schmerzverhalten integrieren.