Suchttherapie 2020; 21(02): 100-108
DOI: 10.1055/a-1001-5923
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Versorgung Angehöriger von Menschen mit Suchtproblemen in Bayern

Explorative Befragung von Mitarbeitenden ambulanter bayerischer Suchthilfeeinrichtungen im Rahmen einer GelegenheitsstichprobeThe Support of Concerned Significant Others of People with Problematic Addictive Behaviour in Bavaria Explorative Survey of Employees in Bavarian Outpatient Addiction Care in a Convenience Sample
Sabine Härtl
1   Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen BAS Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern, München
,
Pawel Sleczka
2   DHGS Deutsche Hochschule für Gesundheit und Sport, Ismaning
,
Beate Erbas
1   Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen BAS Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern, München
,
Ursula Gisela Buchner
2   DHGS Deutsche Hochschule für Gesundheit und Sport, Ismaning
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
09. Oktober 2019 (online)

Zusammenfassung

Ziel Angehörige von Menschen mit Suchtproblemen sind mit gesundheitlichen, sozialen und emotionalen Belastungen konfrontiert. Jedoch liegen für Bayern keine Daten zu ihrer Versorgung im ambulanten Suchthilfesystem vor, weshalb die vorliegende Studie Anhaltspunkte zum Status quo der Angehörigenversorgung in Bayern erhebt. Zudem werden Ressourcen in der Angehörigenarbeit identifiziert und Optimierungspotenziale abgeleitet.

Methodik Onlinegestützte Befragung von Mitarbeitenden der bayerischen Suchtberatungsstellen im September und Oktober 2016 (n=158)

Ergebnisse Primär nahmen Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen an der Befragung teil (78%). Die Angehörigenberatung umfasste in den meisten Einrichtungen (58%) maximal ein Fünftel an allen Beratungen. Am häufigsten wurden die (Ehe-)Partnerinnen und (Ehe-)Partner sowie Eltern von Menschen mit Suchtproblemen beraten. Die beratenen Angehörigen waren meist zwischen 41 und 50 Jahre alt (54%). In den Bereichen Glücksspiel, Computer/Internet und Alkohol wird mehr Angehörigenarbeit relativ zu allen Beratungen geleistet als bei illegalen Drogen/NPS und Medikamenten. Die Belastung der Angehörigen wurde mit einem Mittelwert von 86% auf einer Skala von 0–100% eingeschätzt. Systemische und psychoedukative Konzepte, Ansätze der Co-Abhängigkeit sowie Angehörigengruppen wurden am häufigsten in der Praxis umgesetzt.

Schlussfolgerungen Es besteht Bedarf in Forschung und Versorgung hinsichtlich bisher wenig oder nicht erreichter Gruppen von Angehörigen, bspw. Kindern. Die Definition von Angehörigen als eigene Zielgruppe, die Vernetzung mit anderen Institutionen sowie die Bereitstellung eines praxisrelevanten, evidenzbasierten sowie themen- und zielgruppenspezifischen Fortbildungsangebotes sind hierfür zielführend.

Abstract

Purpose Concerned significant others (CSOs) of people with addictions experience health burdens as well as social and emotional stress. However, there is no data available on care offered to them in outpatient addiction centres in Bavaria. Therefore, our current study describes the status in health offers currently available to CSOs. Furthermore, we identify resources in working with CSOs and look at potentials to optimize this work.

Methods Web-based survey of employees in Bavarian outpatient addiction care in September and October 2016 (n=158)

Results Participants were primarily social workers (78%). The care of CSOs comprised in most institutions (58%) a maximum of one fifth of all sessions. Partners and parents of addicted people were treated most frequently. Most counselled CSOs were between 41 and 50 years old (54%). There were more counselling sessions for CSOs relative to all sessions in the fields of gambling, computer/internet and alcohol than in the fields of illegal drugs/NPS and medicaments. The stress level of the CSOs was estimated at an average of 86% on a scale from 0–100%. Systemic and psychoeducational concepts, approaches of co-dependency as well as group interventions for CSOs were most frequently implemented in practice.

Conclusion Research and supply for different groups of CSOs is needed, especially for CSOs like children, who are currently rarely reached. Defining CSOs as a specific target group in its own right, professional support networks and provision of training for counsellors which is specific to the needs and issues of CSOs might benefit this clientele.