Dialyse aktuell 2020; 24(07): 241
DOI: 10.1055/a-1153-6327
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Neues wagen

Christian Schäfer
1   Stuttgart
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Publication Date:
07 September 2020 (online)

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Die „Corona-Warn-App“ des Bundes – kurz nach ihrer Einführung Mitte Juni wurde sie größtenteils gelobt. Es gab anfänglich nur wenig Kritik – z.B. Folgendes: Die Anwendung nütze bei den im Juni gesunkenen COVID-19-Fallzahlen (COVID-19: Coronavirus Disease 2019) in Deutschland kaum noch etwas und sie sei daher zu spät eingeführt worden. Allerdings ist dieses Argument nicht (mehr) stichhaltig, da die Fallzahlen seit Mitte/Ende Juli wieder angestiegen sind und sich somit der Beginn einer sog. „zweiten Welle“ entwickelt hat. Ein möglicher und breit in Deutschland einsetzbarer Impfstoff lässt zudem sicherlich noch Monate auf sich warten. Und der Herbst steht vor der Tür – mit Bedingungen, die weiter steigende COVID-19-Infektionszahlen wahrscheinlich machen. Gründe für eine erhöhte Infektanfälligkeit in der kalten Jahreszeit können u. a. die Witterung inkl. weniger Sonnenlicht sowie tendenziell weniger Bewegung und daher evtl. nicht mehr idealem Immunsystem, ein vermehrter Aufenthalt in geschlossenen Räumen mit einer erhöhten Übertragungswahrscheinlichkeit der Erreger z. B. über Aerosole sowie trockenere Schleimhäute, was durch niedrige Luftfeuchtigkeit bzw. „Heizungsluft“ ausgelöst wird, sein. Auch Infektionen aus dem Spektrum der Erkältungskrankheiten bzw. grippalen Infekte und der Grippe kommen im Herbst und Winter traditionell häufiger vor. Diese erhöhte Erregerbelastung könnte die Menschen anfälliger für das SARS-CoV-2 (Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom Coronavirus 2) machen.

Die Sinnhaftigkeit der App ist also gegeben, aber das war leider nicht das Ende des Liedes: Im Juli wurden dann Probleme im Zusammenspiel der App mit den Grundeinstellungen mancher Nutzer (bei Android) bzw. mit dem Betriebssystem (bei iOS) bekannt, wodurch die gesammelten Kontakte teils verspätet abgeglichen wurden. Dadurch war ein wichtiger Teil der Funktionen des Programms für die Nutzer leider nicht mehr gegeben. Diese Dinge wurden schnell vonseiten der Betriebssystem- und App-Programmierer behoben, sodass seither eine reibungslose Nutzung der App möglich ist. Trotzdem haben diese Vorfälle leider wohl eine unnötige (hoffentlich nur vorübergehende) Reduktion des Vertrauens der Bevölkerung in diese Technologie verursacht.

Was ist also positiv an der o. g. App? Die dezentrale Speicherung und anonyme Weiterverarbeitung der Daten wurden von vielen Seiten positiv hervorgehoben. Dies ist eine gute Grundlage, um weiter Vertrauen bei den Menschen aufzubauen. Und natürlich hilft die App bei einer entsprechend weiten Verbreitung auf Smartphones dabei, Infektionsketten nachzuverfolgen bzw. Infektionsherde einzudämmen. Das kann in den kommenden Wochen und Monaten sehr wichtig werden.

Es ist also wichtig, immer wieder Neues zu wagen. Nur so kann man bei allem Risiko und potenziellen Rückschlägen die vorhandenen Chancen nutzen. Dies gilt auch für die Nephrologie. Daher haben wir Ihnen in dieser Ausgabe der „Dialyse aktuell“ Beiträge zum Schwerpunkt „Digitalisierung in der Nephrologie“ zusammengestellt, die Sie zu diesem wichtigen Thema auf den neuesten Stand bringen sollen. Auch auf die anderen interessanten Artikel im vorliegenden Heft in den Rubriken „Gesellschaft“, „Expertentipp“, „Magazin“, „Journal-Club Pflege“, „Original & Übersicht“ und „Forum der Industrie“ möchten ich Sie aufmerksam machen. In diesem Zusammenhang noch ein Hinweis in eigener Sache: Die Frist zur Bewerbung um den Förderpreis Nephrologische Pflege 2020 der Thieme Gruppe ist nun abgelaufen. Sie können sich aber gerne bis zum 01.09.2021 um den Preis 2021 bewerben – auf Seite 250 finden Sie alle notwendigen Informationen hierzu. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre dieser Ausgabe der „Dialyse aktuell“!