PSYCH up2date 2021; 15(01): 71-84
DOI: 10.1055/a-1162-7126
Störungsübergreifende Themen und Methoden

Pharmakologische und rechtliche Grundkenntnisse der Psychopharmakotherapie

Manfred Gerlach

Bei den meisten psychiatrischen Erkrankungen ist die medikamentöse Behandlung zentral wichtig. Seit ihrer Einführung vor über 60 Jahren haben Psychopharmaka immense therapeutische Möglichkeiten eröffnet. Vertreter dieser Arzneimittelgruppe sind in klinischen Studien ebenso wirksam wie Medikamente in der somatischen Medizin. Um diese effektiv und sicher zu verordnen, sind pharmakologische und arzneimittelrechtliche Grundkenntnisse notwendig.

Kernaussagen
  • Das Arzneimittelgesetz (AMG) regelt das Inverkehrbringen von Fertigarzneimitteln (Medikamente) und soll eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung gewährleisten. Neben der pharmazeutischen Qualität des Arzneimittels sind die therapeutische Wirksamkeit und Unbedenklichkeit die Säulen der Zulassung.

  • Die Psychopharmakologie ist ein Teilgebiet der Neuropharmakologie und beschäftigt sich im engeren Sinne mit Pharmaka, die vorwiegend eine Wirkung auf das Gehirn ausüben und direkt psychische Prozesse beeinflussen. Neuro-/Psychopharmaka werden nach ihrem primär therapeutisch angestrebten Effekt eingeteilt.

  • Molekulare Angriffspunkte von Neuro-/Psychopharmaka sind vor allem Neurotransmitter-abbauende Enzyme, Neurotransmitter-Rezeptoren oder Transportproteine von Neurotransmittern.

  • Arzneimittelwechselwirkungen umfassen nicht nur Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln, sondern auch Wechselwirkungen von einem Arzneimittel mit anderen körperfremden Stoffen wie Genussmitteln und Lebensmitteln.

  • Pharmaindustrie-unabhängige Arzneimittelinformationssysteme sind das Arzneimittelinformationssystem AMIS und das PharmNet.Bund-Portal, die Arzneimitteldaten der Bundesoberbehörden zentral und transparent zur Verfügung stellen.

  • Eine UAW ist jede schädliche, unbeabsichtigte Reaktion, die bei einer üblichen Dosierung von Arzneimitteln auftritt. Das AMG bezeichnet auch Fehlgebrauch (off label), Überdosierung, Medikationsfehler oder Arzneimittelmissbrauch als UAW.

  • Off-Label-Anwendung bedeutet, dass ein Arzneimittel abweichend von den in den Fachinformationen genannten Angaben eingesetzt wird. Grundsätzlich darf ein Arzt unter bestimmten Voraussetzungen auch nicht zugelassene Medikamente verordnen.



Publication History

Article published online:
04 January 2021

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