Gesundheitsökonomie & Qualitätsmanagement 2020; 25(06): 291-296
DOI: 10.1055/a-1200-8461
Originalarbeit

Die Videosprechstunde im Geltungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung – Umsetzungs-, Verbreitungs- und Entwicklungsmöglichkeiten aus Patientensicht

The video consultation in the scope of the statutory health insurance – implementation, dissemination and development opportunities from a patientʼs perspective
Christian Mittmann
1   AOK Niedersachsen, Hannover
,
Kurt Becker
2   Apollon Hochschule der Gesundheit, Bremen
,
Felix Hoffmann
2   Apollon Hochschule der Gesundheit, Bremen
3   Klinikum Darmstadt, Darmstadt
› Institutsangaben

Zusammenfassung

Zielsetzung Im Rahmen dieser Studie wurden die Anforderungen an Videosprechstunden aus Patientensicht untersucht, um anhand dessen Maßnahmen herauszuarbeiten, welche die Videosprechstunde als Bestandteil der ambulanten Versorgung etablieren können.

Methodik Die Fragestellung wurde anhand einer qualitativen Befragung bearbeitet.

Ergebnisse Im Rahmen der Interviews zeigte sich, dass die Inanspruchnahme einer Videosprechstunde vor allem bei geringfügigen Anlässen für eine zeitsparende Konsultation des Arztes und damit einhergehender Bescheinigungen in Betracht gezogen wird.

Aus den Ergebnissen dieser Studie lässt sich ableiten, dass die geringe Nutzung der Videosprechstunde eher dem geringenAngebot und nicht der fehlenden Teilnahmebereitschaft geschuldet ist.

Schlussfolgerung Die Fortentwicklung der Videosprechstunde sollte drei Aspekte berücksichtigen.

Erstens sollte die Videosprechstunde durch gezielte und ausgewogene Marketingaktionen bekannter gemacht werden. Hierbei handelt es sich zunächst um eine Push-Strategie, bei der die Nachfrage dem Angebot folgt. Wenn die Videosprechstunde einmal weitläufig etabliert ist, kann dies auch zu einem steigenden Anreiz für niedergelassene Ärzte führen, die Videosprechstunde anzubieten.

Zweitens sollten Ärzte adressiert und die Etablierung von Videosprechstunden im Praxis- oder Klinikbetrieb attraktiver gemacht werden. Maßgeblich dazu beitragen dürfte eine Vergütung, die die Online-Visiten gegenüber den regulären Sprechstunden nicht benachteiligt.

Drittens sollte die Videosprechstunde als Subjekt im Spannungsfeld von Digitalisierung und E-Health weiterentwickelt werden und die Entwicklung der Digitalisierung insgesamt als ganzheitliches Konzept forciert werden.

Abstract

Aim Within this study, the requirements for video consultation hours from a patient’s perspective were examined in order to work out the measures that can establish the video consultation hour as part of outpatient care.

Method The question was processed based on a qualitative survey.

Results The interviews showed that the utilization of a video consultation, especially on minor occasions, is considered for a time-saving consultation of the doctor and the accompanying certificates.

From the results of this study, it can be deduced that the low use of video consultation hours is due to the low offer and not the lack of willingness to participate.

Conclusion The advancement of the video consultation should consider three aspects.

First, the video consultation should be promoted through targeted marketing campaigns. This is initially a push strategy in which demand follows supply. Once the video consultation is well established, it can also increase the incentive for physicians in private practice to offer the video consultation.

Second, doctors should be addressed and the establishment of video consultations in the practice or clinic should be made more attractive. Renumeration that does not disadvantage online visits compared to regular office hours should make a significant contribution to this.

Thirdly, the video consultation should be further developed as a topic within the area of digitization and e-health and the development of digitization itself should be promoted as a holistic concept.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
13. Juli 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York

 
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