Klin Monbl Augenheilkd 2020; 237(09): 1060-1069
DOI: 10.1055/a-1245-4373
Übersicht

Sympathische Ophthalmie – ein Beitrag zur Immunologie, Klinik und aktuellen Bildgebung

Article in several languages: English | deutsch
David Rua
Universitäts-Augenklinik, Charité Campus Virchow-Klinik, Berlin
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Dominika Pohlmann
Universitäts-Augenklinik, Charité Campus Virchow-Klinik, Berlin
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Universitäts-Augenklinik, Charité Campus Virchow-Klinik, Berlin
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Zusammenfassung

Hintergrund Die sympathische Ophthalmie (SO) ist eine seltene Entzündung eines operierten oder verletzten Auges, die auf das Partnerauge übergreift. Es handelt sich meist um eine bilaterale granulomatöse Panuveitis. Das traumatisierte Auge wird als das sympathische/auslösende und das Partnerauge als das sympathisierende Auge bezeichnet. Die Pathophysiologie der Krankheit ist zwar nicht völlig geklärt, jedoch liegen deutliche Belege für eine autoimmune Genese vor.

Patienten/Material und Methoden Es wurde eine selektive Literaturrecherche zur Epidemiologie, Immunologie, Klinik und Risikofaktoren der SO durchgeführt. Zusätzlich wurden eigene Erfahrung der multimodalen Bildgebung zu diesem Krankheitsbild eingebracht.

Ergebnisse Die Inzidenz der SO wird aktuell mit ca. 0,1 – 3% nach traumatischen Augenverletzungen und mit ca. 0,01% nach intraokularen Operationen angegeben. Unter den iatrogenen Ursachen weist die vitreoretinale Chirurgie die höchste Rate auf, vermutlich aufgrund einer Schrankenstörung mit Beteiligung retinalen und choroidalen Gewebes, die zu anteriorer Traktion, Phthisis und chronischer Entzündung führen. Bei 90% der Patienten entwickelt sich die Erkrankung innerhalb eines Jahres nach dem auslösenden Ereignis und geht mit einem potenziell bilateralen Erblindungsrisiko einher. Zu den typischen Beschwerden zählen beidseitige Sehstörungen mit Blendempfindlichkeit, dumpfen Schmerzen sowie Photopsien. Das Spektrum klinischer Manifestationen reicht von einer granulomatösen anterioren Uveitis und Vitritis, über Choroiditis bis zur serösen Ablatio retinae sowie Dalen-Fuchs-Knötchen im Rahmen der posterioren Beteiligung. Die Diagnose der SO basiert im Allgemeinen auf dem klinischen Bild und wird durch bildgebende Verfahren unterstützt. Diese umfassen vor allem die Fluorescein- und Indocyaningrünangiografie, die zunehmend durch nicht invasive Verfahren wie die optische Kohärenztomografie ergänzt werden. Sie können wichtige Hinweise zur Einschätzung des Schweregrades und differenzialdiagnostischen Abgrenzung sowie zum Monitoring der Therapie beitragen. In die Differenzialdiagnose müssen u. a. das Vogt-Koyanagi-Harada-Syndrom, die okuläre Sarkoidose und die seltene phakoanaphylaktische Endophthalmitis einbezogen werden. Als Therapie wird eine sofortige systemische Hochdosiskortisontherapie eingesetzt. Der Krankheitsverlauf ist häufig rezidivierend schubförmig bis chronisch progressiv. Immunmodulatoren wie Ciclosporin A, Azathioprin, Cyclophosphamid, Mycophenolat-Mofetil sowie Biologika kommen zunehmend zum Einsatz und haben zur deutlich besseren Prognose der Erkrankung beigetragen.

Schlussfolgerung Die SO bleibt ein bedrohliches Krankheitsbild, das diagnostische und therapeutische Herausforderungen stellt. Sie kann posttraumatisch, aber auch bei jedem intraokularen Eingriff ausgelöst werden. Dies ist bei der Indikationsstellung ophthalmologischer Operationen, insbesondere bei Augen mit fehlender Visusprognose, zu berücksichtigen.



Publication History

Received: 22 June 2020

Accepted: 22 August 2020

Article published online:
23 September 2020

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