Tierarztl Prax Ausg G Grosstiere Nutztiere 2020; 48(06): 434-435
DOI: 10.1055/a-1252-5687
Verbandsnachrichten

Mitteilungen der DVG

Marion Selig

Virtuell durchgeführt: DVG-Vet-Congress 2020

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(Quelle: © DVG)

Der diesjährige DVG-Vet-Congress wurde vom 15. bis 17. Oktober pandemiebedingt komplett online durchgeführt. Mit etwa 1900 registrierten Teilnehmern insgesamt und bis zu 12 parallelen Live-Sessions war der Kongress überaus gut gebucht und auch im Online-Format wie gewohnt vielfältig und interdisziplinär. Die live gehaltenen Vorträge, die Möglichkeit, zwischen den Sessions zu wechseln und eine virtuelle Industrieausstellung sowie Posterausstellung ließen bei den Teilnehmern auch im Home Office Kongress-Stimmung aufkommen.

Festvortrag

Nach der Eröffnung des Kongresses durch den Präsidenten der DVG, Prof. Dr. Dr. h. c. Martin Kramer (Gießen), hielt Prof. Dr. Dr. h. c. Thomas C. Mettenleiter (Insel Riems), Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts, den Festvortrag mit dem Titel „Pandemien, Panzootien und Disease X – die Bedeutung von One Health“. In dem überaus spannenden und kurzweiligen Vortrag warf Prof. Mettenleiter einen Blick auf die Geschichte weltumspannender Infektionskrankheiten bei Mensch und Tier und ging natürlich auch auf das aktuelle Seuchengeschehen – u. a. Afrikanische Schweinepest und natürlich Covid-19 – ein. Dabei stellte er dar, dass Human- und Veterinärmedizin nicht zu trennen seien und bekräftigte dies mit einem Zitat von Rudolf Virchow (1821–1902): „Zwischen Tier- und Menschenarzneikunde ist oder sollte wissenschaftlich keine Scheidegrenze sein. Das Objekt ist verschieden, aber die Erfahrungen, die aus dem Objekt zu schöpfen sind, sind Lehrsätze, welche die Grundlage der Doktrinen bilden. Daher hat sich auch von Seiten der Wissenschaft die Verbindung zwischen Tier- und Menschenarzneimedizin immer inniger gestaltet.“


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14. Berlin-Brandenburgischer Rindertag

Bereits zum zweiten Mal fand der Berlin-Brandenburgische Rindertag unter dem Dach des DVG-Vet-Congresses statt. Beteiligte Fachgruppen der DVG waren die Deutsche buiatrische Gesellschaft (DbG-DVG), die Fachgruppen „Reproduktionsmedizin“ sowie „Tierernährung“ und die Fachgruppe „Tierzucht, Erbpathologie und Haustiergenetik“. Das Schwerpunktthema „Tierwohl in der Wiederkäuermedizin“ wurde insbesondere in den 4 Hauptvorträgen beleuchtet.

So ging Prof. Dr. Qendrim Zebeli (Wien) in seinem Vortrag „Wiederkäuergerechte Fütterung der Hochleistungsmilchkuh: Zwischen Leistungsdruck und Tierwohl“ auf die Bedeutung einer ausgewogenen und wiederkäuergerechten Ernährung von Milchkühen ein, die eine Grundvoraussetzung für hohe Leistungen, eine stabile Gesundheit und das Wohlbefinden der Kühe ist. Zwar würden Milchkühe üblicherweise mit großen Mengen an Kraftfutter oder anderen schnell verdaulichen, nährstoffreichen und strukturarmen Futtermitteln gefüttert. Diese Ernährungsweise werde jedoch den verdauungsphysiologischen Vorgängen des Wiederkäuers nicht gerecht und hätte Pansenverdauungsstörungen und andere schwerwiegende systemische Erkrankungen zur Folge. Die Zusammenhänge zwischen Leistungsdruck, Fütterung und Gesundheit der Milchkühe wurden näher erläutert und Vorschläge zur Verbesserung der Fütterung, Gesundheit und damit des Tierwohls in der Milchkuhhaltung gemacht.

Den zweiten Hauptvortrag „Tierzüchtung: Wohl oder Wehe für Tierwohl und Gesundheit in unseren Rinderbeständen?“ hielt Prof. Dr. Christa Kühn (Dummerstorf). Sie stellte dar, dass für das Wohlbefinden eines Tieres eine Gesamtheit aus Haltung, Umwelt und genetischer (einschließlich evolutionärer) Grundausstattung verantwortlich sei. Durch Vorgabe der Selektionskriterien habe die Tierzucht eine besondere Verantwortung für die Konsequenzen der Selektion für Gesundheit und Wohlbefinden der gezüchteten Tiere.

In dem Vortrag „Die optimale Laktationsdauer von Milchkühen im Spannungsfeld von Tierwohl und Ökonomie“ stellte Prof. Dr. Martin Kaske (Zürich) dar, dass über viele Jahre für Milchviehbetriebe eine Laktationsdauer von 305 Tagen empfohlen wurde, um in Verbindung mit einer Trockenstehzeit von 60 Tagen eine Zwischenkalbezeit von einem Jahr zu erreichen. Dieses – aus betriebswirtschaftlicher Sicht – als optimal betrachtete Ziel lässt sich vor allem mit Hochleistungskühen nur schwer erreichen. Denn damit ist häufig eine negative Energiebilanz während des ersten Drittels der Laktation verbunden, wodurch eine Subfertilität begünstigt wird. Daher gelte es, auf Ebene des einzelnen Betriebes und besser noch auf Ebene des einzelnen Tieres eine optimale Lösung bezüglich der Laktationsdauer zu finden.

PD Dr. Kathrin Herzog (Wardenburg) befasste sich in ihrem Hauptvortrag „Transportfähig oder nicht? – Das ist hier die Frage“ mit einem Thema, mit dem v. a. Amtstierärzt/-innen konfrontiert werden. Nach der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 dürfen verletzte Tiere und Tiere mit physiologischen Schwächen oder pathologischen Zuständen nicht transportiert werden. Die Referentin hob hervor, dass Tierärzten in der Beurteilung einer Transportfähigkeit eine entscheidende Rolle zukommt, da sie nicht selten zur Ausstellung einer Transportbescheinigung zugezogen werden. Als Bewertungs- und Entscheidungshilfe existieren verschiedene Leitfäden, die sich an Tierhalter, Transporteure und auch Tierärzte richten. Dazu gehört z. B. ein Leitfaden zur Transport- und Schlachtfähigkeit von Rindern, der in Kooperation des Rindergesundheitsdienstes Nordrhein-Westfalen, mehreren kommunalen Veterinärbehörden sowie dem Unternehmen Westfleisch verfasst wurde. Die Einschätzung und Bewertung der Transportfähigkeit erfolgt über die Farben des anwenderorientierten Ampelsystems und ist damit bewusst einfach und praktikabel gehalten. Aber auch durch andere Institutionen wie z. B. Tierschutzorganisationen oder das Prüfsystem QS sowie durch die Europäische Kommission wurden bereits anschauliche, richtungsweisende Leitfäden zur Transportfähigkeit von Rindern, Schweinen und Pferden veröffentlicht.

Weitere Sessions fanden u. a. zu den Themenblöcken „Kälber/Infektionskrankheiten“, „Euter“, „Fruchtbarkeit“, „Lahmheiten“ und „Stoffwechsel“ statt.


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Tagungen zu Bienen und Tierernährung

Erneut fanden auch die Tagungen der DVG-Fachgruppen „Bienen“ sowie „Tierernährung“ im Rahmen des Online-DVG-Vet-Congresses statt.

Bei den kleinsten Nutztieren ging es u. a. um die Amerikanische Faulbrut (AFB), eine hochansteckende, tödliche Infektion der Brut der westlichen Honigbiene mit dem grampositiven, sporenbildenden Bakterium Paenibacillus larvae. Nicht nur einzelne Larven, sondern auch ganze Völker werden getötet. Ein weiteres Thema war die Wintersterblichkeit der Honigbienen in Deutschland.

Die Nutztiervorträge auf der Tagung der Fachgruppe „Tierernährung“ befassten sich u. a. mit der Ernährung von Schweinen. So griff der Vortrag „Das beschädigte Schwein: Ist die Fütterung schuld“ von Dr. Angelika Grümpel-Schlüter (Braunschweig) ein in der Schweinehaltung häufig auftretendes Problem auf – Verletzungen und Nekrosen, die zumeist an Ohren und Schwänzen vorkommen. Neben der Haltung und dem Management können das Futter und die Fütterung relevante Risikofaktoren sein.


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Posterausstellung und Industrieausstellung

Sehenswert war auch die virtuelle Posterausstellung. Für die registrierten Teilnehmer waren die pdf-Dateien der Poster sowie auch die Abstracts auf der Landing Page (der Zugangsseite zu den Vorträgen) abrufbar und konnten auf diese Weise per Mausklick in Ruhe betrachtet werden.

In der 66. VET-Messe präsentierten über 80 Unternehmen und Verbände ihre virtuellen Stände. Sie boten Informationen, Links und teilweise auch Videos zu ihren Produkten an. Ansprechpartner konnten per Chat kontaktiert werden.

Das Team der DVG war froh, den Kongress mit den zahlreichen parallelen Veranstaltungen auf diese Weise durchführen zu können, hofft jedoch darauf, dass im kommenden Jahr Präsenz-Veranstaltungen wieder möglich sind. Ein großer Dank geht an die Referenten, die zahlreichen Technikhelfer, den Organisationspartner CSM, an alle Teilnehmer und natürlich die Industriepartner, die sich alle auf das Experiment „Online-Kongress“ eingelassen haben!

Dr. Marion Selig, DVG-Geschäftsstelle

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Die Poster konnten in der virtuellen Posterausstellung per Mausklick betrachtet werden. (Quelle: © DVG.)

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Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
04. Dezember 2020

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