Adipositas - Ursachen, Folgeerkrankungen, Therapie 2021; 15(02): 58-59
DOI: 10.1055/a-1295-1125
Editorial

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Stefan Engeli

die Krankheit Adipositas hat in den letzten 6 Monaten einige öffentliche Beachtung gefunden – ein Bundestagsbeschluss, Überlegungen zu einem Disease-Management-Programm, die Thematisierung des erhöhten Risikos für schwere Covid-19-Verläufe und zumindest keine Ignoranz beim Formulieren der Impfpriorisierungsrichtlinien. Das alles sind Beispiele für eine veränderte öffentliche Wahrnehmung.

Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft und ihr Vorstand haben einen bedeutenden Anteil an der gewachsenen öffentlichen Wahrnehmung – allen voran natürlich unsere Mediensprecherin, Frau Dr. Stefanie Gerlach, die unermüdlich – und ehrenamtlich! – über einen Zeitraum von mehr als 12 Jahren dafür eingetreten ist, die Interessen der Menschen und Patient*innen mit Adipositas über die DAG in die Öffentlichkeit zu bringen und auf politischer Ebene zu vertreten. Sie hat für die DAG hochprofessionelle Öffentlichkeitsarbeit geleistet und erfolgreich politisches Lobbying betrieben. Sie hat unzählige Presseaussendungen, Stellungnahmen und Zusammenstellungen zu aktuellen Themen geschrieben und veröffentlicht, zuletzt zu Adipositas und Covid-19 (im letzten Heft erschienen). Frau Dr. Gerlach wird nun aus beruflichen Gründen das Amt der Mediensprecherin niederlegen – der Verlust für die DAG wird sehr spürbar sein. Vorstand und Schriftleiter möchten ihren größten Respekt und ihre Dankbarkeit für die stets konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit auch an dieser Stelle ausdrücken und ihr viel Erfolg bei ihrer neuen Tätigkeit als Leiterin des Landeszentrums für Ernährung Baden-Württemberg wünschen.

In der aktuellen Ausgabe der ADIPOSITAS fokussieren wir auf einige gynäkologische Erkrankungen und deren Verbindungen zur Adipositas. Zu Beginn analysiert Prof. Thomas Römer aus Köln verschiedene Aspekte der Empfängnisverhütung bei Frauen mit Adipositas hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, ihrer Risiken und Handlungsoptionen, wenn eine von der Frau gewünschte Methode aus den oben genannten Gründen nicht infrage kommt. Aufgrund der stärkeren lokalen und geringeren systemischen Wirkung bieten Hormon- und Kupferspiralen einige Vorteile bei Frauen mit Adipositas. Herr Römer adressiert dies und auch die besonderen Situationen von Patientinnen nach gewichtsreduzierender Operation oder bei Bedarf einer Notfallkontrazeption.

Wir haben die Schwangerschaft in der Vergangenheit mehrfach in den Mittelpunkt gestellt – aktuell beschreiben Frau Dr. Delnaz Fard und Kollegen aus Hannover die Diagnostik und Therapie des Gestationsdiabetes. Mütterliche Adipositas ist hier der bedeutendste Risikofaktor, und Gestationsdiabetes selbst kann mit einer Reihe von Komplikationen für Mutter und Kind einhergehen. Das frühzeitige Erkennen ist also von großer Bedeutung für einen glücklichen Schwangerschaftsverlauf.

Prof. Dr. Hans-Christof Schober aus Rostock hat sich dankenswerterweise des Themas Osteoporose angenommen. Die üblichen Risikofaktoren der Osteoporose, zunehmendes Alter, Frau in der Menopause, gelten zwar auch im Zusammenhang mit Adipositas, allerdings komplizieren andere Begleitumstände die Bewertung, ob Adipositas nun tatsächlich negativ oder protektiv für die Knochengesundheit sei. So viel sei verraten – die Knochendichtemessung allein ist hier nicht zielführend. Ansonsten: Lassen Sie sich überraschen!

Es folgen zwei Artikel zum Thema Tumorerkrankungen und Adipositas. Prof. Heinz Kölbl und Dr. Thomas Bartl aus Wien geben einen Überblick über Adipositas als Risikofaktor für gynäkologische Tumoren. Die Autoren betonen die Evidenz für eine unabhängige, linear positive Korrelation zwischen einem pathologisch erhöhten Body-Mass-Index und der Erkrankungswahrscheinlichkeit für Endometrium- und postmenopausale Mammakarzinome. Für andere gynäkologische, allerdings hormonunabhängige Tumoren besteht dieser Zusammenhang aber nicht. Ursachen für die insgesamt schlechtere Prognose von Frauen mit Adipositas und gynäkologischem Tumor jeder Entität werden noch gesucht. Frau Dr. Kathleen M. Sondern aus Münster geht dann ins Detail hinsichtlich des bedeutendsten gynäkologischen Tumors, dem Mammakarzinom – eine von 8 Frauen erkrankt in ihrem Leben an Brustkrebs, jährlich sterben über 18000 Frauen in Deutschland an Brustkrebs. Adipositas bestimmt hier nicht nur das Erkrankungsrisiko, sondern auch die Sterblichkeit.

Zusammen mit Prof. Kiess wünsche ich Ihnen interessante Lesestunden und bedanke mich bei allen Autor*innen des vorliegenden Heftes für ihre Beiträge!

Prof. Dr. med. Stefan Engeli

Greifswald, im April 2021



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
29. Juni 2021

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