ergopraxis 2021; 14(03): 1
DOI: 10.1055/a-1300-5419
Editorial

Sprachlich vielfältig

Simone Gritsch

Generisches Maskulin, Sternchen, Binnen-I ... Wie stehen Sie zu gendergerechter Sprache? Ich erlebe eine regelrechte Polarisierung: vom Wunsch, alle Geschlechtsidentitäten in Wort und Schrift gleichzustellen, über Unverständnis für diese Diskussion bis hin zu Ablehnung.

Gendergerechte Sprache begleitet mich seit meinem Arbeitsbeginn bei Thieme vor 13 Jahren – die Haltungen dazu haben sich über die Zeit stark gewandelt. Zu Beginn stand der Lesefluss im Vordergrund, Frauen waren mit der männlichen Form selbstredend „mitgemeint“. Irgendwann passte diese Haltung nicht mehr zum Anteil von über 80 Prozent weiblicher Berufsangehöriger in der Ergotherapie. Buchtitel wie „Ich werde Ergotherapeutin“ waren wiederum zu weiblich. Seit einiger Zeit höre ich zum Beispiel in Podcasts verstärkt von „Leser innen“ oder „Hörer innen“ mit einer Pause im Wort. Für mich war das zu Beginn ungewohnt. Heute scheint es so normal wie das Wort Bundeskanzlerin oder nun auch Vizepräsidentin – beides war viel zu lange sprachlich und gedanklich männlich besetzt.

„Ergotherapierende, Ergotherapeut(inn)en ... Ergos?“

Hinzu kommt: Wie werden wir transidenten Menschen gerecht? In der Redaktion haben wir noch nicht die eine Lösung gefunden, wie wir alle berücksichtigen und Lesegenuss bieten können. Substantivierte Partizipien wie Lernende klingen bereits vertrauter als noch vor ein paar Jahren, Ergotherapierende kommen mir hingegen (noch) nicht so einfach über die Lippen.

Eigentlich wissen wir es ja, Veränderung ist manchmal unbequem und braucht vor allem Zeit. Daher haben wir uns dazu entschieden, die Vielfalt inhaltlich und sprachlich abzubilden. Wir möchten die Haltung derjenigen respektieren, die uns mit ihren wunderbaren Manuskripten unterstützen, wir wollen dem jeweiligen Thema gerecht werden und Ihnen ein angenehmes Lesen bereiten. Daher werden Sie in ergopraxis (noch) keine einheitliche Formulierung finden. Ich bin sicher, auch das wird sich irgendwann ändern. Falls Sie Lust haben, sich mit uns dazu auszutauschen, freuen wir uns über Ihre Meinungen und Ideen!

Ihre

Simone Gritsch



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Article published online:
23 February 2021

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