PSYCH up2date 2022; 16(S 01): S3-S7
DOI: 10.1055/a-1768-3226
Supplement

Editorial

Ilker Kavuk
1   ZNS Bottrop GmbH – Zentrum Für Neurologie und Seelische Gesundheit, Bottrop, Deutschland
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Liebe Kolleg*innen und Leser*innen,

über 60 Jahre ist nun das Anwerbeabkommen zwischen der Türkei und Deutschland alt. Auch mein Vater war Teil dieser Arbeitsmigration, die ihren Anfang am 30. Oktober 1961 nahm. Zwei seiner älteren Brüder fanden Arbeit in München. Er und sein jüngerer Bruder heuerten als Bergmänner unter Tage in Gelsenkirchen an – meiner Geburts- und Heimatstadt. Viele Bergleute kamen aus der türkischen Stadt Zonguldak an der Schwarzmeerküste der Türkei ins Ruhrgebiet und wurden hier heimisch.

Über die damalige Zeit, als sie sich in Istanbul, einer Außenstelle des Arbeitsamtes – „Deutsche Verbindungsstelle“ genannt – durchnummeriert einer Leibesvisitation unterziehen mussten, sprechen mein Vater und meine Onkel sehr spärlich. „Vergessen“ ist diese Zeit in den Köpfen wahrscheinlich nicht. Es habe sich rumgesprochen, dass die Kandidat*innen aus Italien und Spanien von dem o.g. Medizincheck ausgenommen waren [1]. Erst durch die Erzählungen im Kreise meiner Familie bekam die Zuwanderungsgeschichte für mich ein Gesicht. Sie hat bekanntlich viele Gesichter.

Diese Geschichte und die vieler anderer Einwanderer*innen der ersten Generation sind auch Teil der aktuellen Geschichte Deutschlands und der Migranten der zweiten Generation. Die Einwanderer*innen von damals haben hier in Deutschland ihre Heimat gefunden. Im Ruhrgebiet, meiner Heimat, ergeben die Erzählungen aus deutsch-türkischer Lebenswelt heutzutage eine gemeinsame Geschichte und beide Erzählungen sind uns, aus der zweiten Generation, bestens vertraut.



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Article published online:
17 May 2022

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