physioscience 2022; 18(04): 186-187
DOI: 10.1055/a-1901-7674
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It hurts to move! Behandlungseffekte und Assessmentmethoden für bewegungsbedingte Schmerzen bei Patient*innen mit muskuloskelettalen Beschwerden: systematisches Review und Meta-Analyse

It hurts to move! Interventional Effects and Assessment Methods for Movement-evoked Pain in Patients with Musculoskeletal Pain: A Systematic Review and Meta-Analysis

Zusammenfassung

Hintergrund

Eine der häufigsten Beschwerden von muskuloskelettalen Patient*innen sind bewegungsbedingte Schmerzen. Die Mechanismen hinter Schmerzen, die durch Bewegung hervorgerufen werden, können nozizeptiv, neuropathisch oder noziplastisch sein. Sie sind charakterisiert durch höhere Intensitäten als Ruhe- oder Spontanschmerzen. Fragebogen untersuchen diese Art von Beschwerden häufig nur retrospektiv und unterscheiden nicht zwischen Schmerzen vor, während oder nach einer Aktivität. Diese Unterscheidung wäre wichtig für die Interventionsplanung, da andere Behandlungsergebnisse erwartet werden können. Gerade Personen mit persistierenden Beschwerden erleben häufig während oder nach Bewegungen im Alltag Schmerzexazerbationen, da sie weniger hypoalgetische Effekte als Reaktion auf Aktivität erfahren als gesunde Menschen.


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Ziel

Das primäre Ziel der Autor*innen dieser Studie war, den Effekt muskuloskelettaler Interventionen bei Personen mit bewegungsinduzierten Schmerzen zu untersuchen. Sekundär sollte die Evidenz zu Assessments zusammengefasst und analysiert werden, welche das Konstrukt der bewegungsbedingten Schmerzen erkennen und messen können.


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Methode

Die Studie orientierte sich an den PRISMA-Leitlinien und dem Cochrane-Handbuch für systematische Reviews und Meta-Analysen. Die systematische Literatursuche erfolgte bis Juni 2020. Eingeschlossen wurden niederländische oder englischsprachige randomisiert kontrollierte Studien, welche Ergebnisse zu muskuloskelettalen Interventionen bei Patient*innen mit bewegungsbedingten Schmerzen beinhalten. Das Verzerrungsrisiko wurde anhand des Cochrane-Collaboration-Tools und das Evidenzlevel mittels GRADE eingestuft. Primäres Ergebnis war die durchschnittliche Veränderung des bewegungsbedingten Schmerzes als standardisierte Mittelwertdifferenz (SMD) mit dem 95 % Konfidenzintervall (CI). Metaanalysen wurden durchgeführt, wenn 2 oder mehr Studien vergleichbare Interventionen untersuchten.


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Ergebnisse

Eingeschlossen wurden 38 Studien, die sich mit folgenden Beschwerdebildern beschäftigten: Kniearthrose, Schulterschmerzen, Nackenschmerzen, Rückenschmerzen, Hüftarthrose, Plantarfasziitis, patellofemorale Beschwerden, Fibromyalgie, temporomandibuläre Dysfunktionen und zervikogene Kopfschmerzen. Die Mehrheit der eingeschlossenen Studien wiesen ein hohes Verzerrungsrisiko auf.

Sowohl die genaue Bezeichnung des bewegungsbedingten Schmerzes als auch die Assessments dazu wiesen in den eingeschlossenen Studien eine hohe Diversität auf. Schmerz wurde teilweise während der Testung, aber oft auch retrospektiv erfragt. Einzelne Studien erfassten Problembewegungen der Patient*innen aus dem Alltag. Andere ließen standardisierte Bewegungsabläufe ausführen oder eingelenkige aktive oder passive Testbewegungen durchführen.

Bei bewegungsbedingten Schmerzen zeigte Bewegungstherapie gegenüber keiner Therapie einen Vorteil (SMD = –0,65; 95 %CI: –0,83, –0,47). Die Sicherheit dieser Evidenz wurde als moderat bewertet. Bewegungstherapie im Vergleich zu anderen Interventionen konnte aufgrund zu großer Heterogenität bei der Durchführung nicht anhand einer Meta-Analyse untersucht werden. Transcutaneous Electrical Nerve Stimulation (TENS) zeigte verglichen mit einer Placebobehandlung keinen signifikant besseren Effekt (SMD = –0,28; 95 %CI: –0,60, 0,05). Im Vergleich zu keiner Behandlung erreichte TENS signifikant bessere Werte (SMD = –0,46; 95 % CI: –0,71, –0,21). Das Evidenzlevel dafür wurde jedoch als tief bewertet. Weitere Interventionen wie Taping, Ultraschall- oder Stoßwellentherapie zeigten keinen signifikanten Effekt oder erreichten sehr tiefe Evidenzlevel. Manuelle Therapie erzielte in einzelnen Studien bessere Ergebnisse als keine Therapie. Eine Meta-Analyse war aufgrund zu hoher Heterogenität nicht möglich.


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Schlussfolgerungen

Diese Arbeit zeigt mit moderater Evidenz, dass Bewegungstherapie bei Patient*innen mit muskuloskelettalen Beschwerden wirksam ist, um bewegungsbedingte Schmerzen im Vergleich zu keiner Behandlung zu reduzieren. Bewegungstherapie sollte die erste Wahl sein, um bewegungsbedingte Schmerzen zu behandeln.


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Publication History

Article published online:
10 November 2022

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