intensiv 2023; 31(01): 6-7
DOI: 10.1055/a-1970-7168
Kolumne

Licht aus! Sparsamkeit an!

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Quelle: Friedrich Günther

„Tür zu!“ „Licht aus!“ „Fenster zu – wir heizen nicht für die Straße!“ Das waren die mahnenden Worte meines Vaters, als wir noch Kinder waren und, wer hätte es je gedacht, sie sind heute passender denn je. Mein Vater hätte seine Freude an uns.

Die besorgniserregende, oft schon nervige Diskussion um die Energiesicherheit unseres Landes und deren Kosten kann jeden von uns schon leicht in Panik versetzen. Meine Stimmung reicht dabei von „Oh Gott, was soll das nur werden“ bis „Na, so schlimm wird es schon nicht“. Mir fehlt in diesen Fragen allerdings auch ein bisschen Fantasie. Ich kann mir nicht vorstellen, eine sich verzigfachte Stromabrechnung zu erhalten. Wie hoch wird diese dann sein? Mir reicht ehrlich gesagt schon die Alltagsinflation im Supermarkt oder an der Tankstelle. An der Tanke sehe ich, der Sprit kostet heute 1,95 Euro. Damit kann ich etwas anfangen. Es regt mich zwar auf, aber ich kann aktuell bestimmen, wie viel Liter ich mir heute „leisten“ möchte. Im Supermarkt kann ich mich an Angeboten und Preisvergleichen orientieren. Ich kann spontan entscheiden, ob ich einen Artikel mitnehme oder nicht. Aber bei Strom, Wasser und Heizung? Natürlich spare auch ich. Aber ist das genug? Spare ich genug und an der richtigen Stelle? In der vergangenen Woche waren die ersten kühlen Tage. Zwei Tage habe ich tapfer leicht gefroren. Dann hatte ich die Nase voll und habe meine Heizung auf 20 Grad gestellt. Dabei hatte ich latent ein schlechtes Gewissen und habe jedem erzählt, dass ich die Heizung angeworfen habe. Vor einem Jahr hätte es keinerlei Erwähnung gefunden. Heute habe ich das Bedürfnis, mich rückzuversichern, und komme dabei in so eine merkwürdige Erklärungsnot.

Laut meinen Recherchen ist der durchschnittliche Strompreis für Privathaushalte bei uns seit dem Jahr 2000 von 13,94 auf 31,89 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2021 gestiegen. Von diesem Jahr will ich noch gar nicht reden! Ein durchschnittlicher Zwei-Personen-Haushalt soll zum Beispiel ca. 2500 kWh pro Jahr verbrauchen, für einen Ein-Personen-Haushalt werden ca. 1500 kWh veranschlagt. So weit, so gut. Wie jede normale Hausfrau weiß sogar ich, dass ein Wäschetrockner viel Strom frisst und eine Gefriertruhe, wenn sie halb leer ist. Energiesparleuchten sind schon seit Jahren in meinem Haushalt unterwegs. Aber reicht das? Kerzenlicht ist auch schön – dumm nur, dass auch Kerzen sehr teuer sind. Dann habe ich gelesen, dass die elektrische Warmwasseraufbereitung mit der teuerste Kostenpunkt beim Energieverbrauch ist. Gut, da höre ich dann auf den Wirtschaftsminister und dusche nur noch kurz und selten. Muss eben das Deo herhalten. Aber das ist für die Umwelt ja auch wieder nicht so gut. Was soll ich nur machen? Ich weiß, ich jammere auf sehr hohem Niveau. Habe ich doch nur für mich und meinen Hund zu sorgen. Und der wiederum spendet bestenfalls noch Wärme.

Aber was machen große Familien, kleine und große Firmen? Was machen die Krankenhäuser im Land? Denen werden ja Energierechnungen von ungeahnter Größe in die Häuser flattern. Ein durchschnittliches Krankenhausbett verbraucht etwa 6000 kWh Strom und 29 000 kWh Wärme pro Jahr, so schrieb es Energie-Experte David Wagenblass im November 2016 in einem Artikel auf der Website der MVV Energie AG (bit.ly/3C9fFoC; Stand: 04.10.2022). Das entspricht – und das ist die eigentliche überraschende Nachricht – dem Energieverbrauch eines Einfamilienhauses. Unglaublich! Ein Viertel der Stromkosten entfällt übrigens auf die Beleuchtung. Da werden wohl zurzeit die kaufmännischen Leitungen der Krankenhäuser ein paar schlaflose Nächte haben. Schließlich müssen sie dafür sorgen, dass alle Rechnungen bezahlt und dennoch Gewinne eingefahren werden. Nur mit Lichtausmachen ist es in dieser Situation ja nicht getan. Ich habe auch gelesen, dass empfohlen wird, sogenannte Energiebeauftragte auf den Stationen zu benennen. Deren Aufgabe sollte es dann gewissermaßen sein, hinter den Leuten herzulaufen und das Licht auszumachen, den Computer herunterzufahren, das Fenster zu schließen oder besser noch für Stoßlüften zu sorgen. Da wird schon, und da bin ich sehr optimistisch, die eine oder andere Planstelle in der Pflege daran glauben müssen. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass irgendwelche zusätzlichen Tätigkeiten in den Abteilungen der Pflege zugeschanzt werden.

Ein Gutes hat diese ganze Angelegenheit aber auch: Ständig wird ja beklagt, dass der größte Kostenfaktor das Personal wäre. Diese Zeiten sind dann wohl vorbei. Wir werden von den Energiekosten von unserem Podest gestoßen. Jetzt kann das kaum vorhandene Personal im Dämmerlicht und leicht frierend arbeiten. Und was ist mit den Patienten? Vielleicht helfen ja eine Decke und ein paar warme Worte mehr, das sollte im Winter dann schon drin sein.

Am Ende müssen wir alle abwarten, was die Zeit und unsere Politiker bringen. Wir müssen auf den legendären „Doppel-Wumms“ vertrauen und zusehen, wie wir durch diese unsichere Zeit kommen. Ein milder Winter könnte dabei auch nicht schaden.

Ich werde jedenfalls weiterhin die Worte meines Vaters im Ohr haben und das Licht löschen und die Türen schließen.

In diesem Sinne

Ihre

Heidi Günther

guenther-heidi@web.de



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Article published online:
10 January 2023

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