physiopraxis 2023; 21(03): 64-65
DOI: 10.1055/a-1975-9973
Rezensionen

Rezensionen

Contributor(s):
Kerstin Lüdtke
,
Claudia Pott
,
Silke Ehrlich

Red Flags erkennen – Reale Fälle

Das Buch widmet sich einem Thema, das bei dem aktuellen Bestreben der Physiotherapie nach mehr Autonomie, aber auch bei der klinischen Versorgung von Patient*innen, die zunehmend älter sind und mehr Komorbiditäten aufweisen, von besonderer Bedeutung ist. Brisant ist vor allem, dass in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeut*innen (PhysTh-AprV) keine Lehrveranstaltungen zu diesem Thema vorgesehen sind.

Umso lobenswerter ist das vorliegende Buch. Lesende erhalten umfassende Informationen zu differenzialdiagnostisch bedeutenden Krankheitsbildern, die einer muskuloskelettalen Diagnose manchmal trügerisch ähnlich sehen können. Das Buch gliedert sich in vier Teile, wobei diese Unterteilung sich inhaltlich noch einmal aufteilen lässt in allgemeine Informationen bzw. eine Einführung in das Thema physiotherapeutisches Screening und die Teile 2–4, die reale Patientenfälle enthalten.

Obwohl in Teil 1 wichtige Gedanken aufgegriffen werden, erschließt sich sein roter Faden nicht. Es fehlen Definitionen von roten und gelben Flaggen (denn tatsächlich geht es im Buch keineswegs exklusiv um Red Flags). Es fehlt zudem ein Prozedere, das das Clinical Reasoning von Therapeut*innen beim Erkennen von Risikofaktoren und roten und gelben Flaggen unterstützen könnte. In scheinbar willkürlicher Auswahl werden einige Gefahrensituationen wie Krebs hervorgehoben, andere hingegen finden keinen Platz.

Die Teile 2–4 sind dagegen hervorragend. Eine besondere Stärke ist, dass es sich um reale Patient*innen handelt und dass die Fälle von unterschiedlichen Autor*innen verfasst wurden. Besonders schön in der ansonsten oft so konzeptgeprägten Physiotherapie ist, dass die Autor*innen, aus unterschiedlichen Konzepten kommend, ihre unterschiedlichen Vorgehensweisen vorstellen. Etwas einschränkend ist, dass es vorwiegend (vermeintlich) muskuloskelettale Fallbeispiele sind und ein Grundverständnis von Manueller Therapie hilfreich ist. Eine kleine Kritik gilt dem Buchtitel. Schön wäre, wenn auf den ersten Blick zu erkennen wäre, dass es sich primär um eine Fällesammlung handelt und nicht um ein Lehrbuch zur Vorgehensweise bei physiotherapeutischem Screening.

Prof. Dr. Kerstin Lüdtke, Physiotherapeutin und Professorin an der Universität zu Lübeck

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Article published online:
17 March 2023

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