Rofo 2023; 195(03): 202-203
DOI: 10.1055/a-1989-9297
Brennpunkt

Kommentar zu KI – Künstliche Intelligenz identifiziert intrakranielle Blutungen in der unverstärkten CT

Felix Nensa
1   Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie, Institut für Künstliche Intelligenz in der Medizin (IKIM), Universitätsklinikum Essen, Essen, Deutschland
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Die Detektion intrakranieller Hämorrhagien im nativen CT ist ein populäres Thema wissenschaftlicher Studien zu KI in der Radiologie, da es sich um radiologisch gut definierte Befunde, sehr häufig durchgeführte Untersuchungen und eine Fragestellung von insgesamt hoher klinischer Relevanz und Akuität handelt. Die automatische Detektion und ggf. auch Subklassifikation und Volumetrie intrakranieller Hämorrhagien durch KI stellt also aus Sicht von Forschung und Entwicklung zunächst ein durchaus interessantes Betätigungsfeld mit Potenzial für den Einsatz in der klinischen Praxis dar. Tatsächlich dürfte die zeitnahe und zuverlässige Detektion dieser Befunde die meisten Radiologen auch ohne KI-Assistenz vor keine großen Herausforderungen stellen. In unserem Institut werden native CT-Untersuchungen des Schädels unmittelbar nach dem Scan von ausreichend erfahrenen Radiologinnen und Radiologen im Hinblick auf Akutpathologien begutachtet, was i.d.R. nur wenige Sekunden in Anspruch nimmt, zuverlässig funktioniert und zu einer sofortigen Kommunikation relevanter Befunde an die behandelnden KollegInnen führt. Der tatsächliche praktische Nutzen einer automatischen Detektion intrakranieller Hämorrhagien dürfte sich für die meisten radiologischen Institute mit qualifiziertem Personal in Grenzen halten oder zumindest doch nicht ganz oben auf der Liste der Probleme stehen, für die dringend KI-Lösungen benötigt werden. Auf der anderen Seite ist die vorliegende Studie aber methodisch gut aufgebaut und die Fallzahl von über 46.000 CT-Untersuchungen aus 10 Zentren ist beachtlich. Auch der Schwerpunkt auf der diagnostischen Sicherheit der KI mit Blick auf die praktische Anwendung ist gut gewählt und problemlos auf andere Fragestellungen übertragbar. Letztlich werden viele zukünftige Einsatzszenarien von KI in der medizinischen Bildgebung auf eine Interaktion zwischen KI und Mensch (Human-Machine-Interaction) hinauslaufen, was im einfachsten Fall bereits bei der Supervision der KI durch einen Menschen gegeben ist. Hierbei ist es für den menschlichen Befunder von hoher Relevanz, die Ergebnisse der KI anhand von Metriken zur Konfidenz bewerten und einordnen zu können. Vorausgesetzt es besteht also überhaupt entsprechender Bedarf, könnte das in dieser Studie vorgestellte System aus Detektion, Subklassifikation, Volumetrie und Konfidenzmetriken in der klinischen Routine tatsächlich gut funktionieren und je nach Zielsetzung flexibel in den Workflow integriert werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass es sich hier um eine retrospektive Arbeit handelt und die Ergebnisse zunächst in prospektiven klinischen Untersuchungen überprüft werden müssen.



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Article published online:
16 February 2023

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