Zusammenfassung
Es gibt einen wissenschaftlich-fachlichen Konsens darüber, dass es sich
bei Substanzgebrauchsstörungen gleichermaßen um
Störungen im Familiensystem handelt. Denn sie ziehen neben den
individuellen Belastungen der Betroffenen selbst, vor allem massive soziale
Auswirkungen im Kontext der kompletten Familiendynamik nach sich.
Dementsprechend stellen auch Angehörige eine wichtige Zielgruppe
für die Suchthilfe dar, für die es gilt, ein
flächendeckendes und bedarfsorientiertes Unterstützungsangebot
zu schaffen. In der Praxis lässt die Angebotspalette an
Unterstützungsmöglichkeiten für diese Zielgruppe jedoch
nach wie vor zu wünschen übrig. Stigmatisierungsängste
sind neben strukturellen Barrieren und Zugangshürden des
Suchthilfesystems u. a. ein Grund dafür, dass Angehörige
die bereits bestehenden Angebote nur selten bis gar nicht nutzen. Inwieweit
professionelle Fachkräfte selbst schon anhand des eigenen
Sprachgebrauchs zu Stigmatisierungen beitragen, wird nachfolgend beleuchtet. Im
folgenden Beitrag soll eine Bestandsaufnahme über die aktuelle Praxis
der Angehörigenarbeit sowie Impulse für
Weiterentwicklungsmöglichkeiten und den notwendigen Handlungs- und
Forschungsbedarf gegeben werden, um ein „Neudenken“ in der
Angehörigenarbeit anzuregen.
Da es sich um einen Diskussionsbeitrag handelt, wurde keine systematische
Literaturrecherche durchgeführt. Hingegen wird der aktuelle Stand aus
Forschung und Praxis mit Blick auf mögliche Verbesserungen und
Handlungsimpulse zur Thematik der Angehörigenarbeit in der Suchthilfe
beleuchtet.
Abstract
There is a scientific consensus that substance use disorders are equally family
system disorders. This is because, in addition to the individual stresses and
strains of those affected, they primarily have massive social effects in the
context of the entire family dynamic. Accordingly, Concerned Significant Others
(CSOs) (family members, friends, colleagues etc.) also represent an important
target group for substance use help services, for whom it is important to create
a comprehensive and needs-oriented support offer. In practice, however, the
range of support services for this target group still leaves much to be desired.
In addition to structural barriers and obstacles to accessing the substance use
help system, fears of stigmatization are one of the reasons why relatives rarely
if ever make use of the services that already exist. The extent to which
professionals themselves contribute to stigmatization through their own use of
language is examined below. The following article will take stock of the current
practice of working with affected family members resp. CSOs and provide impulses
for further development possibilities and the necessary need for action and
research in order to stimulate "new ways of thinking" in working
with CSOs.
As it is a contribution to the discussion, no systematic literature research was
carried out. However, the current state of research and practice is examined
with a view to possible improvements and change impulses on the topic of work
with affected family members in the substance use help system.
Schlüsselwörter Angehörige - Co-Abhängigkeit - Substanzgebrauchsstörung - Stigmatisierung - Familie
- Belastung - Behandlung
Key words significant others - co-dependency - substance use disorder - stigma - family - burden
- treatment