Zusammenfassung
Ziel Auswertung der 2018–2021 im DeGIR-Register dokumentierten endovaskulären Therapien
von zerebralen Vasospasmen (ZVS) zur Analyse der aktuellen klinischen Versorgungssituation
in Deutschland.
Material und Methoden Retrospektive Analyse der im DeGIR-Register anonymisiert dokumentierten klinischen
und prozeduralen Daten zu endovaskulären Spasmustherapien (EST). Analysiert wurden:
präinterventionelle Befunde der CTP und Bewusstseinslage; applizierte Strahlendosis,
interventionell-technische Parameter (lokale Medikamente, Devices, angiografisches
Ergebnis), postinterventionelle Symptomatik, Komplikationen und Mortalität.
Ergebnisse 3584 Patienten erhielten in 91 (2018), 92 (2019), 100 (2020) und 98 (2021) Zentren
insgesamt 7628 EST (medianes Alter/Patient: 53 [Range: 13–100, IQR: 44–60], 68,2 %
Frauen); 5388 (70,6 %) vordere Zirkulation und 378 (5 %) hintere Zirkulation (in 1862
Fällen [24,4 %] beide beteiligt). In 2125 Fällen lediglich einmalige EST (27,9 %),
der Mittelwert lag bei 2,1 Interventionen/Patient. 7476 EST erfolgten allein medikamentös
(Nimodipin: 6835, Papaverin: 401, Nitroglyzerin: 62, anderes Pharmakon ohne nähere
Benennung: 239; Kombinationen: 90). Dauerbehandlungen mit einer Mikrokatheter-Infusion
wurden 1132mal (14,8 %) dokumentiert. Die (zusätzliche) Ballonangioplastie (BA) wurde
bei 756 EST (9,9 %) durchgeführt, andere nicht näher benannte mechanische Rekanalisationen
in 154 Fällen (2 %) und ein Stenting in 176 der EST (2,3 %). Das Dosisflächenprodukt
im Rahmen der EST betrug im Median 4069 cGycm² (medikamentös: 4002/[+]BA: 8003 [p < 0,001]).
Mindestens 1 Komplikation trat in 95 aller Prozeduren auf (1,2 %) (medikamentös: 1,1 %/[+]BA:
4,2 % [p < 0,001]). Die mit EST verbundene Mortalität betrug 0,2 % (n = 18). Nach
EST fanden sich insgesamt in 94,2 % der Fälle Besserungen oder Beseitigungen der ZVS
(medikamentös: 93,8 %/[+]BA: 98,1 % [p < 0,001]). Im Vergleich der lokal applizierten
Medikamente beseitigte Papaverin die ZVS häufiger als Nimodipin (p = 0,001).
Schlussfolgerung EST weisen eine moderate Strahlenbelastung auf und sind insgesamt komplikationsarm
durchführbar. Überwiegend werden rein medikamentöse EST durchgeführt, vor allem mit
Nimodipin. Bei (zusätzlicher) BA sind Strahlenbelastung, Komplikationsraten und angiografisches
Ergebnis höher bzw. besser. Bei alleiniger Betrachtung medikamentöser EST ergeben
sich Hinweise für einen Vorteil von Papaverin gegenüber Nimodipin, jedoch ist die
unterschiedliche Gruppengröße zu berücksichtigen. Bei der Analyse der EST sind die
DeGIR-Registerdaten gerade aufgrund der großen Fallzahl geeignet, auch speziellere
Fragestellungen zu beantworten, hierfür sind weitere Untergruppierungen bei der Datendokumentation
anzustreben.
Kernaussagen:
In Deutschland fehlen bislang konsentierte Leitlinien für die endovaskuläre Behandlung
von zerebralen Vasospasmen nach spontaner Subarachnoidalblutung.
Zusätzlich zur oralen Nimodipin-Gabe wird in den meisten Krankenhäusern auch eine
endovaskuläre Behandlung zur Therapie von zerebralen Vasospasmen eingesetzt.
Dies ist die erste systematische Auswertung von bundesweiten Registerdaten zur endovaskulären
Behandlung von zerebralen Vasopasmen in Deutschland.
Diese Daten aus der Praxis zeigen, dass die endovaskuläre Behandlung von zerebralen
Vasospasmen mit einer moderaten Strahlenbelastung verbunden ist und insgesamt mit
wenigen Komplikationen durchgeführt werden kann. Bei der (zusätzlichen) Ballonangioplastie
sind die Strahlenbelastung, die Komplikationsraten und die angiografischen Therapieergebnisse
höher oder besser.
Zitierweise
Neumann A, Weber W, Küchler J et al. Evaluation of DeGIR registry data on endovascular
treatment of cerebral vasospasm in Germany 2018–2021: an overview of the current care
situation. Fortschr Röntgenstr 2023; 195: 1018 – 1026
Key words subarachnoid hemorrhage - cerebral vasospasm - endovascular rescue treatment - nimodipine
- balloon angioplasty