Was ist neu?
Sozioökonomische Auswirkungen
Unter der Allgemeinbevölkerung in Nordschweden lag die Prävalenz des Raynaud-Phänomens
(RP) bei 12%; dies wirkte sich bei auch in kälterer Umgebung arbeitenden Berufstätigen
nicht auf die Dauer und Häufigkeit von Erkrankungen und den Lebensunterhalt aus. Patienten
mit RP im Rahmen einer Systemischen Sklerose (SSc) hatten zu 25% Beeinträchtigungen
in der Gebrauchsfähigkeit der Hände, mit Tendenz zur Verschlechterung, allerdings
oft durch Sehnenschäden.
Einflussfaktoren
Patienten mit niedrigerem Body-Mass-Index (BMI) sind häufiger vom RP betroffen. Es
tritt auch öfter auf, wenn Patienten Gewicht verlieren, durchaus auch als Folge von
Diäten. Auch bei niedrigen Außentemperaturen kommt das RP häufig vor. Diese Abhängigkeit
betrifft nicht nur das primäre RP – ein klarer Zusammenhang lässt sich auch bei zugrunde
liegender SSc nachweisen.
Ursachen
Angststörungen und Depressionen sind bei Menschen mit RP öfter anzutreffen als in
der Normalbevölkerung – und können umgekehrt die Entstehung eines RP offenbar mit
hervorrufen. Auch bei Diagnose einer peripheren sensorischen Polyneuropathie tritt
das RP häufiger auf. Mehrere Medikamente können zur Liste der RP-Verursacher addiert
werden, auch Silikon aus Brustimplantaten.
Diagnostik
Bei neu aufgetretenem RP kann es sich um eine Frühform der SSc (VEDOSS) handeln. Die
Nagelfalz-Kapillarmikroskopie ist ein wichtiger Baustein für die Diagnose der SSc.
Um diese zu stellen, sind die Kapillarveränderungen allein aber nicht hinreichend.
Treten keine weiteren Krankheitsmerkmale hinzu, kann man nach 5–10 Jahren wohl von
einem primären RP ausgehen.
Therapie
Beim primären RP stehen kälteprophylaktische Maßnahmen im Vordergrund. Beheizbare
Handschuhe helfen, ein RP zu reduzieren. Dabei scheint die Verwendung von Silberfäden
keine zusätzlichen Vorteile zu bringen. Zur medikamentösen Behandlung bei der SSc
sind neue Leitlinien der EULAR (European Alliance of Associations for Rheumatology)
und der BSR (British Society for Rheumatology) erschienen. Kalziumkanalblocker (CCB)
werden zur Initialtherapie empfohlen, daneben Phosphodiesterase-5-Hemmer (PDE5-Hemmer)
und Prostanoide. Beim Auftreten von Fingernekrosen bringen CCB offenbar keine Vorteile.
Hier kann neben PDE5-Hemmern, Prostanoiden und dem Endothelin-Antagonisten Bosentan
auch Botulinum-A-Toxin lokal angewendet werden – empfohlen wird dies bisher nur von
der britischen Leitlinie. Beim RP ist ein erheblicher Placebo-Effekt zu berücksichtigen.
Euphorischen Fallstudien stehen oft ernüchternde kontrollierte Studien gegenüber.
Eine lokale Applikation von aus Fettgewebe gewonnenen Fett-, Bindegewebe- und Stammzellen
könnte bei RP-Patienten mit SSc deren Schmerzen und die Gebrauchsbeeinträchtigung
der Hände bessern.
Abstract
Several new aspects concerning Raynaud’s phenomenon (RP) are highlighted. Low weight
is a known factor for the manifestation of RP, but RP may also be triggered by intended
or unintended weight loss. RP is more frequent in presence of depression or anxiety
disorders which may be revealed by questionnaires. The socioeconomic effect of RP
is small in most of the patients; as far as they aren’t engaged in professions with
cold exposition, ability to work is not restricted. However, if systemic sclerosis
(SSc) is the underlying disease of RP, disability rates are considerable due to finger
necrosis and soft tissue damages. Capillaroscopy may be a decisive tool to disclose
SSc being the underlying disorder for RP. However, a pathological capillaroscopy pattern
is no proof of SSc and not diagnostic if antinuclear antibodies are absent; the predictive
value of puffy fingers and specific antibodies is superior. Medical treatment is restricted
to severe forms of RP, which are often caused by SSc. Calcium channel blockers have
the highest propagation but should not be used in case of digital ulcers. Prostanoids
seem to be of greater value, phophodiesterase inhibitors have a small effect and Bosentan
may reduce the appearance of new ulcers. Botulinum-A may be considered if ulcers and
pain are prevailing. With all options of treatment a considerable placebo effect has
to be regarded. Promising case series for several drugs were followed by disillusioning
controlled studies. Autologous fat or adipose-derived stem cell grafting is a recent
therapeutic approach for SSc patients with severe and disabling course of disease
who cannot use their hands anymore, but the best form of application is not yet determined.
Schlüsselwörter
Raynaud-Phänomen - Systemische Sklerose - Kapillarmikroskopie - Kälteexposition -
Stammzelltherapie
Keywords
Raynaud's phenomenon - systemic sclerosis - capillaroscopy - cold exposure - stem
cell therapy