Gesundheitswesen
DOI: 10.1055/a-2560-1275
Kasuistik

Das größte Entlastungspotenzial für Ärztinnen und Ärzte durch digitale Pflegeanwendungen (DiPAs) besteht in der Altersgruppe der 50–65-Jährigen.

The greatest potential for reducing the workload of physicians through digital care applications (DiPAs) lies within the age group of 50 to 65 years
Doreen Müller
1   Epidemiologie und Versorgungsatlas, Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Germany
2   Institut für medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Germany
,
Julie Lorraine OʼSullivan
2   Institut für medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Germany
3   Einstein Center Population Diversity, Berlin, Germany
,
Mandy Schulz
4   Versorgungsanalysen, Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Germany
,
Tobias Nieporte
4   Versorgungsanalysen, Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Germany
,
Benjamin Jonas
4   Versorgungsanalysen, Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Germany
,
Michael Erhart
5   Gesundheit, Erziehung & Bildungwissenschaften, Alice Salomon Hochschule Berlin, Germany
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Zusammenfassung

Hintergrund

Die erste digitale Pflegeanwendung (DiPA) sollte 2024 für pflegebedürftige Personen, welche in der eigenen Häuslichkeit leben, zugelassen werden DiPA sollen die Selbstständigkeit und Fähigkeiten der Nutzerinnen und Nutzer verbessern. Sie könnten die Zahl der benötigten Hausbesuche reduzieren und somit die Arbeitsbelastung der Ärzte verringern. Die vorliegende Studie untersucht, welche Altersgruppe bei der Nutzung von DiPA das größte Entlastungspotenzial für Ärzte bietet.

Methode

Anhand der vertragsärztlichen Abrechnungsdaten nach §295 SGB V wurde geprüft, für wie viele erwachsene gesetzlich Versicherte die Erstverordnung einer DiGA durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzten im Zeitraum von März 2021 bis Dezember 2022 abgerechnet wurde. Zudem wurden diese Abrechnungen für das vierte Quartal 2022 nach Alter der Versicherten analysiert und den abgerechneten Hausbesuchen gegenübergestellt.

Ergebnisse

Die Zahl der durch Niedergelassene abgerechneten Leistungen zur DiGA-Verordnung stieg von 6.660 im zweiten Quartal 2021 auf 32.546 im vierten Quartal 2022. DiGA wurden häufiger bei Erwachsenen im jüngeren und mittleren Alter verordnet, mit Peaks bei 30 und 56 Jahren, während Hausbesuche bei älteren Erwachsenen häufiger vorkamen, mit Peaks im Alter von 61 und 83 Jahren.

Schlussfolgerung

Der stete Anstieg der DiGA-Verordnungen deutet auf eine wachsende Akzeptanz bei Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten hin. Dieser Trend suggeriert, dass auch DiPA Akzeptanz gewinnen könnten. Der zweite Alters-Peak bei DiGA-Verordnungen betrifft die Altersgruppe von etwa 50 bis 65 Jahren, die sich mit dem ersten Alters-Peak bei Hausbesuchen überschneidet. Daher sollten DiPA zunächst auf die Altersgruppe von 50 bis 65 Jahren ausgerichtet werden, mit späteren Anpassungen für ältere Altersgruppen. Die Einbeziehung von Ärztinnen und Ärzten sowie Patientinnen und Patienten in die Entwicklung könnte das Vertrauen der Nutzenden und Verschreibenden erhöhen.

Abstract

Background

The first digital care application (DiPA) was expected to be approved in 2024 for use by individuals in need of care who live at home. DiPAs must demonstrate benefits like improved mobility, cognitive and communicative skills, and self-care abilities. They can provide direct care or support caregiving relatives. If effective, DiPAs could reduce the need for home visits by medical professionals, easing their workload. This study identifies the age group that could benefit most from DiPAs, using data from digital health application (DiGA) prescriptions as an indicator.

Method

Using billing data from ambulatory physicians under §295 SGB V, we determined the number of adults in Germany insured under statutory health insurance for whom a DiGA prescription was billed by their ambulatory physicians between March 2021 and December 2022. The fourth quarter of 2022, with the highest number of available DiGAs, was compared with home visit data using corresponding billing codes.

Results

The billing of DiGA prescriptions from ambulatory physicians increased from 6,660 in the second quarter of 2021 to 32,546 in the fourth quarter of 2022. DiGAs were more commonly prescribed to younger and middle-aged adults, peaking at ages 30 and 56, while home visits were more frequent among older adults, peaking at ages 61 and 83.

Conclusion

The steady rise in DiGA prescriptions suggests growing acceptance among physicians and patients. This trend, particularly among younger and middle-aged adults, indicates that DiPAs could also gain acceptance. The second age peak for DiGA prescriptions pertains to the age group of approximately 50 to 65 years, which overlaps with the first age peak for home visits. Therefore, DiPAs should focus on the 50–65 age group for maximum physician workload relief, with later adjustments made for older age groups. Involving stakeholders in development could enhance trust.



Publikationsverlauf

Eingereicht: 12. Dezember 2024

Angenommen: 13. März 2025

Artikel online veröffentlicht:
14. April 2025

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