Zusammenfassung
Einleitung
Die Implantation einer Tumorprothese bei neoplastischer Indikation ist eine seltene
Entität. Nach jeder Tumorresektion kommt der Defektrekonstruktion, die immer eine
individuelle Lösung darstellt, eine entscheidende Rolle zu. Neben modular aufgebauten
Tumorprothesen, Wachstumsprothesen bei Kindern kommen zunehmend gelenkerhaltende Individualimplantate
zum Einsatz. In den meisten Fällen wird die speziell für die Tumorprothese im Fallpauschalenkatalog
vorhandene Diagnosis Related Group (DRG) I95A oder DRG I95B gegenüber den Kostenträgern
abgerechnet. Die komplexen Behandlungen erfordern eine hohe fachliche Expertise und
werden überwiegend in spezialisierten Zentren erbracht. Mit der vorliegenden Arbeit
soll daher die Frage beantwortet werden, inwieweit in einem Zentrum einer Universitätsklinik
diese speziellen Leistungen mit den unterschiedlichsten Defektrekonstruktionen Kostendeckung
im aG-DRG-System (aG-DRG: ausgegliederte German Diagnosis Related Groups) erlangen.
Material und Methoden
Retrospektiv wurden im Zeitraum von Mitte 2021 bis Ende 2023 die Daten ausgewertet
und 198 Patienten in die Kostenstudie aufgenommen. In der Analyse wurden relevante
fallbezogene Kosten betrachtet (u. a. Personal- und Sachkosten des OP-Bereichs und
der Station sowie Leistungsanforderungen aus den Funktionsstellen). Die Ist-Kosten
wurden nach den aktuellen Vorgaben des vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus
(InEK) herausgegebenen Kalkulationshandbuches ermittelt. Im Ergebnis wurden für jeden
Patientenfall die klinikinternen Kosten mit den jeweiligen Kostenblöcken der aG-DRG-Matrix
gegenübergestellt.
Ergebnisse
Das Durchschnittsalter in der betrachteten Fallgruppe lag bei 43,7 (SD = 25,5) Jahren
mit einer Unterschreitung der vom InEK angegebenen durchschnittlichen Verweildauer
von 2,7 Tagen. Die Kosten-Erlös-Analyse zeigte in den untersuchten Bereichen eine
durchschnittliche Unterdeckung von −1223 € je Patientenfall. Der größte Unterschied
konnte bei den Implantatkosten ermittelt werden mit einer klinikspezifischen Unterdeckung
von −1445 €, primär abhängig von der Lokalisation und der Verwendung patientenindividueller
Implantate. Beide Merkmale konnten als Risikofaktor identifiziert werden. Die Kosten
der Intensivstation und die Kosten für die Leistungsinanspruchnahme der Funktionsstellen,
insbesondere Radiologie- und Laborleistungen, waren in der hier betrachteten Fallgruppe
geringer gegenüber den Kalkulationshäusern. Diese konnten die höheren Personalkosten
des ärztlichen Dienstes mit einer Unterdeckung sowohl im Kostenstellenbereich OP als
auch der Normalstation fast
ausgleichen.
Schlussfolgerung
Trotz hoher Spezialisierung in einer der führenden Tumororthopädien in Deutschland
ist gegenwärtig die Implantation einer Tumorprothese in einem universitären Zentrum
nicht kostendeckend zu erbringen. Dies ist insbesondere auf die unterschiedlichsten
zu versorgenden Knochendefekte nach Tumorresektion zurückzuführen. An den Operateur
werden hohe Erwartungen gestellt, die möglichst in einer hohen Funktionalität und
einem Extremitätenerhalt münden sollen. Jede Versorgung mit einer Tumorprothese impliziert
eine individuelle Lösung verbunden mit unterschiedlichen Kosten für das Implantat.
Das aktuelle aG-DRG-System bildet diese Individualität und das breite Spektrum eines
großen Zentrums nicht ausreichend ab. Auch die Einführung von Vorhaltepauschalen wird
dies nicht verbessern. Ein 1. Schritt hin zu einer gerechteren Vergütung könnte die
Einführung eines krankenhausindividuellen Zusatzentgeltes für das Individualimplantat
sein.
Schlüsselwörter Tumorprothese - Diagnosis Related Group (DRG) - Kosten-Erlös-Analyse