Gesundheitswesen 2008; 70 - A136
DOI: 10.1055/s-0028-1086361

Prädiktoren der beruflichen Wiedereingliederung von Rehabilitanden in Anpassungsqualifizierungen

W Slesina 1, D Rennert 1
  • 1Sektion Medizinische Soziologie, Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale)

Einleitung/Hintergrund: Eine Evaluationsstudie untersuchte u.a. die Eingliederung von Rehabilitanden in das Erwerbsleben nach 10monatigen Qualifizierungsmaßnahmen (Anpassungsmaßnahmen). Methoden: Stichprobe von 276 Rehabilitanden aus zwei BFWn (Stralsund, Nürnberg) und zwei privaten Trägern (DAA, TÜV-Akademie) mit Umschulungsbeginn zwischen Juli 2003 und Mai 2004. Studientyp: prospektive Kohorten-Verlaufsstudie. 4 Erhebungszeitpunkte von Reha-Beginn (T1) bis 1 Jahr nach Maßnahmeende (T4). Von den T1-Teilnehmern (n=276) beteiligten sich ein Jahr nach Maßnahmeende (T4) 61.2%. T4-Responder wiesen gegenüber T4-Nonrespondern mehr ältere Rehabilitanden (p=0,047), mehr vor Maßnahmebeginn Erwerbslose (p=0,002), mehr Arbeitgeber seit 1990 (p=0,006) und eine höhere Ausprägung auf der NHP-Skala „Soziale Isolation“ auf (p=0,025). Prädiziert wurde die Erwerbslosigkeit im Zeitraum 1 Jahr nach Maßnahmeende anhand von Merkmalen der T1-Befragung mit der logistischen Regressionsanalyse nach dem Algorithmus von Muche et al. [1]. Ergebnisse: Im Zeitraum 1 Jahr nach Reha waren 40,9% (n=72) der Rehabilitanden mindestens einmal erwerbstätig (sozialversicherungspflichtig bzw. selbstständig). Nach Prüfung des univariaten Prognosewerts von 21 zu T1 erhobenen Merkmalen und nach Backward-Selektion gingen sechs Variablen in das endgültige Prognosemodell ein. Rehabilitanden, die in einer strukturschwachen Arbeitsmarktregion wohnhaft sind, haben ein durchschnittlich 5,4-fach erhöhtes Risiko der Erwerbslosigkeit im Zeitraum ein Jahr nach Reha gegenüber Teilnehmern aus einer strukturstarken Arbeitsmarktregion. Des Weiteren weisen Rehabilitanden, die über keinen Führerschein verfügen, ein 15,5-fach erhöhtes Risiko der Erwerbslosigkeit gegenüber jenen, die einen Führerschein besitzen, auf. Rehabilitanden, die ihre materielle Zufriedenheit zur Maßnahmebeginn gering einschätzen, weisen pro Skaleneinheit ein 2,6-fach erhöhtes Risiko der Erwerbslosigkeit auf. Weitere wichtige Prognosemerkmale im Hinblick auf das Risiko der Erwerbslosigkeit sind: geringe materielle Zufriedenheit (p=0,004), Geschlecht: weiblich (p=0,009), keine Beratung im Vorfeld der Maßnahme durch den Bildungsträger (p=0,021) und eine hohe gesundheitliche Belastung durch Schlafprobleme (p=0,035). Das Modell wurde für den Erwerbsstatus vor Maßnahmebeginn adjustiert. Durch das vorliegende Modell können 83% der im Zeitraum 1 Jahr nach Maßnahmeende Erwerbslosen und 74% der Erwerbstätigen richtig zugeordnet werden (AUC=0,85). Diskussion/Schlussfolgerung: Die Ergebnisse bieten Ansatzpunkte für gezielte zusätzliche Fördermaßnahmen.

Literatur:

[1] Muche R, Ring C, Ziegler C. Entwicklung und Validierung von Prognosemodellen auf Basis der logistischen Regression. Aachen: Shaker, 2005