Einleitung: In der Kinderpalliativmedizin müssen immer wieder schwerwiegende Entscheidungen getroffen
werden, die häufig auch die Sinnhaftigkeit und Zumutbarkeit von diagnostischen und
therapeutischen Maßnahmen betreffen. Wir berichten über zwei von uns betreute Patienten
mit unklaren Symptomen, bei denen die Diagnostik zu erheblichen und für die Kinder
positiven therapeutischen Konsequenzen führte. Patient 1: ist ein 2 Jahre alter, mikrozephaler, seit Geburt schwer mehrfach behinderter Junge.
Bei gastroösophagealem Reflux mit Erbrechen, schlechtem Trinkverhalten und stagnierendem
Gewicht wurde eine PEG (perkutane Gastrostomie) angelegt. Der Junge entwickelte daraufhin
eine Diarrhoe mit abdominalen Krämpfen, massiven Schmerzattacken und Gewichtsabnahme.
Nach vergeblichen Therapieversuchen wandten sich die Eltern an uns mit der Frage,
ob eine Beendigung der Nahrungszufuhr das Leiden ihres Sohnes verringern könnte. Da
die Symptomatik nicht hinreichend erklärt war, konnten sich die Eltern schließlich
nach wiederholten Gesprächen zu weiterer Diagnostik entscheiden. In der Magen-Darm-Passage
(MDP) zeigte sich eine Fehllage der PEG im Colon transversum, was die Symptomatik
erklärte. Nach Neuanlage der PEG sistierten die Symptome, der Junge nimmt seither
an Gewicht zu. Patient 2: ist 2 3/4 Jahre alt und an einem Menkes-Syndrom (erbliche Kupfertransportstörung,
mittl. Lebenserwartung 2–4J.) mit schwerer psychomotorischer Retardierung und Tetraspastik
erkrankt. Wegen rezidivierender Schmerzzustände unklarer Genese wurde Morphin oral
verabreicht. Bei einer erneuten, therapieresistenten Schmerzkrise wurden nach Beurteilung
der Gesamtsituation eine Sonografie sowie eine MDP veranlasst. Es zeigte sich eine
vordere Zwerchfellhernie mit Darmvorfall in den Brustraum. Nach ausführlichen Diskussionen
mit den Eltern und den Chirurgen wurde eine Operation mit Rückverlagerung des Darmes
sowie Verschluss der Hernie durchgeführt. Die abdominellen Krämpfe und die Schreiattacken
sistierten postoperativ, der Junge wurde in stabilem Zustand nach Hause entlassen.
Schlussfolgerung: Gerade in der Kinderpalliativmedizin müssen Nutzen und Belastung diagnostischer Verfahren
sowie die Einstellungen und Wünsche von Kind und Familie sorgfältig abgewogen werden.
Bei unerklärlichen und therapierefraktären Symptomen können, wie diese beiden Beispiele
zeigen, eine weiterführende Diagnostik und auch eine invasive Therapie trotz Palliativsituation
notwendig und sinnvoll sein.