Hintergrund: In einer von der Deutschen Krebshilfe geförderten Fallstudie soll der Einsatz von
Antibiotika in qualitativen und quantitativen Teilprojekten untersucht werden. Die
Einstellungen zur Antibiotischen Therapie bei Palliativteams, Patienten und Angehörigen
und die Umsetzung in die klinische Praxis sind dabei beispielhaft für Therapieplanung
und Absprachen über den Verzicht auf Maßnahmen in der Palliativmedizin in Deutschland.
Methode: Mit einem speziell entwickelten Fragebogenmodul wurden während der Hospiz- und Palliativ-Erfassung
(HOPE) 2006 in einer epidemiologischen Studie über drei Monate hinweg Daten zu Einsatz,
Indikation und Entscheidungswegen bei Abbruch oder Verzicht auf eine Antibiotikatherapie
erhoben. Ergebnis: Die Auswertung konzentriert sich auf N=655 Patienten mit fraglicher Indikation für
eine Antibiotikatherapie. In 47% der Fälle wurde die Therapie durchgeführt. Der Verzicht
auf eine Therapie wurde in 10%, ein Abbruch wurde in 15% der Fälle dokumentiert. Die
häufigste Indikation zur Behandlung waren Pneumonie und Harnwegsinfekt (je 20%). Die
Entscheidungen für den Beginn der Therapie wurden am häufigsten alleine durch den
Arzt (26%) und mit Einverständnis des Patienten (23%) getroffen. Dahingegen ist die
Entscheidung für den Abbruch einer Therapie auf alle Beteiligte verteilt. Bei 25%
der Fälle wurde der Therapieerfolg mit gut/sehr gut bewertet. Häufigste Abbruchgründe
waren Verschlechterung des Allgemeinzustandes und Tod (je 9%), Ineffizienz (5%) und
Wunsch des Patienten (4%). Diskussion: In der Auswertung finden sich die typischen Indikationen für eine Antibiotikatherapie
wieder. Während der Beginn einer Therapie in alleiniger ärztlicher Entscheidungskompetenz
liegt, sind Verzicht und Abbruch von der Unterstützung des Teams und anderer abhängig.
Dies könnte ein Hinweis auf eine hohe Sensibilität bezüglich der Verantwortungsübernahme
bei Verzicht und Abbruch einer Antibiotikatherapie sein. Hier stellt sich die Frage,
ob dies auf andere Entscheidungen im Sinne eines Musters der Verantwortungsverteilung
übertragen werden kann. Der Erfolg einer Antibiotikatherapie scheint schwierig zu
bewerten zu sein. 49% konnten keine Angabe machen. Dies könnte an fehlenden spezifischen
Outcome-Parametern für Erfolg im palliativmedizinischen Sinne liegen. In 9% wurde
die Antibiotikatherapie bis zum Tod des Patienten fortgeführt. Dies ist kritisch zu
bewerten, da hier keine Indikation zur Behandlung vorliegt.