Dtsch Med Wochenschr 1951; 76(3): 69-73
DOI: 10.1055/s-0028-1116585
Klinik und Forschung

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Der Hypoglykämie-Symptomenkomplex im Säuglings- und Kindesalter

Friedrich Meythaler, Rosemarie Fischer
  • II. Med. Klinik des Allg. Städt. Krankenhauses Nürnberg (Vorstand: Professor Dr. med. Friedrich Meythaler)
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Publication Date:
05 May 2009 (online)

Zusammenfassung

Es wurden die Erscheinungen der Hypoglykämie im Säuglings- und Kindesalter besprochen und gezeigt, daß der normale Kohlehydratstoffwechsel der Säuglinge und Kinder von dem der Erwachsenen in mancher Hinsicht abweicht.

Bei der Hypoglykämie Neugeborener diabetischer Mütter ist die Ursache ein kompensatorischer Hyperinsulinismus, bei der Gierkesehen Glykogenspeicherkrankheit Mangel an verwertbarem Leberglykogen, beim azetonämischen Erbrechen eine abnorme Erschöpfbarkeit des Leberglykogens. Es handelt sich also in dem ersten Fall um eine Spontanhypoglykämie, bei den beiden letzteren hingegen um Begleithypoglykämien (Meythaler).

Der Blutzucker gesunder Säuglinge und Kinder ist sehr großen Schwankungen unterworfen und erreicht häufig hypoglykämische Werte. Besonders auffallend ist dies in den ersten Lebenstagen; man kann hier von einer physiologischen Hypoglykämie sprechen. Pathologische Hypoglykämien sind in diesem Alter also schwer zu beurteilen. Die physiologische Hypoglykämie verläuft immer erscheinungsfrei; die pathologische dagegen, die keine tieferen Werte als die physiologische zu erreichen braucht, führt häufig zu Erscheinungen des hypoglykämischen Symptomkomplexes.

Die Ursache scheint bei den drei Krankheitsbildern kindlicher Hypoglykämie in Störungen übergeordneter vegetativ-hormonaler Zentren zu liegen, die die Stoffwechselstörungen auslösen.

Therapeutisch können nur durch Zuckerzufuhr die hypoglykämischen Symptome, beim azetonämischen Erbrechen das Erbrechen beendigt werden. Sonst sind sie therapeutisch nicht zu beeinflussen, haben aber gemeinsam, daß sie langsam zur Besserung neigen. Die Neugeborenenhypoglykämie von Kindern diabetischer Mütter schwindet nach wenigen Tagen, das rekurrierende Erbrechen mit Azetonämie reicht nie über die Pubertät hinaus; nur die Neuropathie bleibt bestehen. Die Glykogenspeicherkrankheit zeigt ebenfalls nach der Pubertät Besserung.

Es handelt sich hier also um spezifisch kindliche Reaktionsformen, die in dem einen Fall nach Überwindung der Neugeborenenperiode, bei den anderen beiden Fällen nach der Pubertät schwinden oder zumindest zu Besserung neigen.

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