Zusammenfassung
1. Es wird über 2jährige klinische Erfahrungen mit Thiosemikarbazonbehandlung bei
117 schweren, exsudativ (kavernösen) Lungentuberkulosen hinsichtlich der Tb 1-Wirkung
auf Körpergewicht, Körpertemperatur, Blutsenkung, weißes und rotes Blutbild, Bazillengehalt
des Sputums, Leberfunktion und Röntgenbild berichtet. In ⅓ bis Œ der Fälle waren unerwartete
nachhaltige Erfolge zu erzielen, etwas mehr als die Hälfte der Fälle wurde im ganzen
klinisch gebessert. Frische exsudative Lungeninfiltrate und frische hämatogene Streuungen
erwiesen sich unter der peroralen Tb 1-Therapie in großer Ausdehnung rückbildungsfähig,
während kavernösschwielige und käsig-pneumonische Prozesse weitgehend resistent sind.
2. Die Analyse des Tb 1-Effektes aus Beobachtungen an der Blutsenkung und Körpertemperatur,
an der individuellen Ansprechbarkeit auf Tb 1, an allergischen Phänomenen, an der
Tb 1-Wirkung auf Tuberkelbazillen und tuberkulöse Schleimhautulzerationen macht es
wahrscheinlich, daß Tb 1 sowohl an der Reaktionslage des tuberkulo-spezifisch reagierenden
Organismus auf vegetativ-nervösen Wegen, als auch am Tuberkelbazillus selbst chemisch-bakteriostatisch
angreift.
3. Als klinische Besonderheiten werden Tb 1-Wirkungen bei Kehlkopf-, Darm-, Blasen-
und Genitaltuberkulose, bei Miliartuberkulose sowie bei tuberkulösen Diabetikern hervorgehoben.
4. Komplikationen der Tb 1-Medikation in zwei Fällen mit schweren Agranulozyten werden
eingehend besprochen.
5. Entwicklungsmöglichkeiten der Tb 1-Therapie durch direktes Heranbringen des Tb
1 an den tuberkulösen Lungenherd (durch Sprayinhalation, intrakavernale Tb 1-Injektion,
Monaldische Saugdränage) und durch breit indizierte Anwendung des Pneumothorax und
der Phrenikusausschaltung mit nachfolgendem Pneumoperitoneum werden aufgezeigt unter
dem Hinweis, daß unter Tb 1-Schutz eine aktivere Behandlung auch exsudativer Lungentuberkulosen
(eventuell kombiniert durch Bluttransfusion usw.) möglich wird.