Kernaussagen
Von 9 KRINKO-Empfehlungen, die von mir in diesem Beitrag behandelt und auf evtl. Diskrepanzen
zu meiner fachlichen Auffassung durchsucht wurden, gab es bei 8 KRINKO-Texten keine
relevanten Unterschiede in der eigentlichen Sache, abgesehen von der Empfehlung nach
räumlicher oder zeitlicher Trennung von endoskopischen Eingriffen in besiedelte und
nicht besiedelte Körperareale, die ich aus der Sicht der Infektionsprävention nicht
für plausibel und damit nicht für geboten halte, sowie von den MRSA-spezifischen Empfehlungen
im Papier zur Infektionsprävention in Heimen (Diskussion des MRSA-Papiers im nächsten
Heft).
In der Empfehlung zur Infektionsprävention in der Neonatologie gibt es bei den expliziten
Empfehlungen kaum Abweichungen zu meiner Auffassung. Die Unterschiede betreffen z. B.
die Empfehlung antiseptischer Waschungen bei MRSA-Besiedlung oder bei HBV-Infektion
der Mutter sowie, sterile Handschuhe beim endotrachealen Absaugen oder bei der Diskonnektion
des Infusionssystems zu tragen und schließlich die Empfehlung, zum Intubieren eine
OP-Maske anzulegen.
In diesem Papier finden sich jedoch zahlreiche Darstellungen, in denen die wissenschaftliche
Literatur zur jeweiligen Fragestellung zu wenig zur Kenntnis genommen wurde, was zu
unzutreffenden Darstellungen beispielsweise der Übertragungswege von Erregern führte,
oder es hat die ungefilterte Meinung der KRINKO Eingang in den Text gefunden, ohne
dies hinreichend zu kennzeichnen.
Ferner habe ich die Kategorisierung einzelner Empfehlungen kritisiert, z. B. weil
die Kategorie IV, die für Gesetze und Rechtsverordnungen vorgesehen ist, entgegen
der KRINKO-Definitionen der Evidenz-Kategorien auf eine Empfehlung der Trinkwasserkommission
beim Umweltbundesamt bezogen wurde.
Ebenfalls habe ich kritisiert, dass für die Empfehlung endständiger Wasserfilter die
Kategorie IB vergeben wurde, obwohl dafür ausschließlich Publikationen zitiert werden
konnten, die vom marktführenden Wasserfilterhersteller gesponsert oder sogar von Mitarbeitern
dieser Firma verfasst wurden.
Schließlich habe ich eingangs darauf verwiesen, dass ich schon frühzeitig im Rahmen
meiner Weiterbildung gelernt habe, dass die ständige Auseinandersetzung mit der internationalen
Fachliteratur die Grundlage meiner Arbeit darstellen muss. Aus diesem Grunde sind
meine Empfehlungen nicht mit einem „niedrigeren Schutzniveau für Patienten und Personal”
verbunden, wenn sie von den Empfehlungen der KRINKO abweichen. Vielmehr habe ich in
diesem Beitrag an einigen Beispielen zeigen können, dass die KRINKO Empfehlungen gibt,
für die ein höheres Schutzniveau durch nichts belegt ist. Wenn also die KRINKO derartige
Empfehlungen nicht begründet, dann kann auch für diejenigen, die diesen Empfehlungen
nicht folgen, keine Notwendigkeit bestehen, ihre abweichende Haltung zu begründen.
Insgesamt spricht auch aus den hier diskutierten neueren KRINKO-Empfehlungen zu einem
beträchtlichen Teil noch die alte Auffassung der Kommission, dass nämlich als „wissenschaftlich
begründet” bereits gelten darf, was von den Experten der KRINKO empfohlen wurde, auch
wenn es dafür keine wissenschaftlichen Grundlagen gibt.