Dtsch Med Wochenschr 1949; 74(31/32): 946-953
DOI: 10.1055/s-0028-1121239
Klinik und Forschung

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Über Myanesin zur Verbesserung der Entspannung während der Narkose

H. Killian, J. Maurath1
  • Chirurg. Abteilung des Städt. Krankenhauses Baden-Baden, (Professor Dr. H. Killian)
1 Auszugsweise vorgetragen von Maurath beim Fortbildungskurs der Ärztekammer Baden-Baden.
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Publication Date:
02 June 2009 (online)

Zusammenfassung

1. Es wird bestätigt, daß Myanesin eine kurareähnliche Wirkung, besonders auf die Bauchdeckenmuskulatur ausübt, während die periphere quergestreifte Muskulatur und die Atemmuskulatur bei Verwendung therapeutischer Dosen nahezu unberührt bleiben (im Gegensatz zu Kurare), daher fehlen Zwischenfälle der Atmung. Andererseits entspricht die Muskelentspannung im abdominellen Bereich nicht immer den bisher angegebenen Graden. Die Wirkung setzt sich am nichtnarkotisierten Menschen durch und ist nach den Erfahrungen aller Untersucher unter Narkose verstärkt. Daher liegen die Dosierungsbereiche beim Bewußtlosen erheblich niedriger als im wachen Zustand.

2. Am Kreislauf übt beim wachen Menschen das Myanesin eine depressive Wirkung aus, so daß bei voll ausgebildetem Myanesineffekt Schlagvolumen, Minutenvolumen, Herzarbeit und Herzleistung fast um die Hälfte sich erniedrigen und der periphere Widerstand etwa um das Doppelte ansteigt. Es bildet sich der Zustand einer Zentralisation des Kreislaufes (Duesberg und Schroeder), als Zeichen voller Kompensation eines kollapsähnlichen Zustandes durch Gefäßerweiterung im Splanchnikusgebiet aus. Hierdurch sind der Verwendung des Myanesin Grenzen gesetzt. Auffallend ist eine Verkleinerung der Blutdruckamplitude, hauptsächlich mit Erhöhung des diastolischen Blutdruckes. Möglicherweise lassen sich myanesinähnliche chemische Substanzen therapeutisch ausnützen.

3. Entgegen den bisherigen Behauptungen haben wir in etwa 40% der Fälle mit der Normallösung und Originaltechnik schon Hämolyse und Hämoglobinurie, sowie Thrombophlebitis an der Injektionsstelle festgestellt, die als Schaden durch zu hohe Myanesinkonzentrationen und eventuell ungeeignete Lösungsmittel aufgefaßt werden müssen.

4. In vitro Hämolyseversuche mit Menschenblut bei gleichzeitiger Bestimmung der Erythrozytenresistenz ergaben Hämolyse bis zur Verdünnung 1 : 400. Die Originalkonzentration 1 : 10 ergibt in allen Fällen sofortige Hämolyse.

5. Die klinische Wirkung des Prostigmin als Antidot des Myanesin wird bestätigt, jedoch wird hierdurch die Kreislaufdepression nicht beseitigt, sondern eher verstärkt. Im Gegensatz zu Kurare, Intocostrin Squibb besitzt das Myanesin offen bar nicht nur einen peripheren Angriffspunkt im Muskelbereich, sondern auch zentrale und spinale Angriffspunkte Wir beobachteten leicht narkotische Wirkung.

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