Dtsch Med Wochenschr 1940; 66(19): 511-515
DOI: 10.1055/s-0028-1121564
Wehrmedizin

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Netzhautablösung während des Militärdienstes

 Goede
  • Universitäts-Augenklinik in München (Direktor: Prof. Dr. W. Meisner) und der Augenabteilung des Marinelazaretts Wilhelmshaven (Leitender Arzt: Marineoberstabsarzt Dr. Goede)
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Publication Date:
08 June 2009 (online)

Zusammenfassung

Es wurden insgesamt 7 Fälle von Netzhautablösung bei Soldaten beschrieben. Außer einer entzündlichen Netzhautablösung und einer Ablatio bei Netzhautzysten waren alle traumatischer Natur, die durch Operation geheilt werden konnten. Bemerkenswert war die Häufung von sogenannten „Contrecoup-Rissen” (Gonin).

1. Ursachen für eine Netzhautablösung bei Soldaten können danach bei Ausschluß der beiden Hauptgruppen „Myopie” und „Alter” sein:

a) Stumpfe Verletzungen (Faustschlag, Boxschlag, Ballwurf, Fall und Stoß, Granat- und Geschoßsplitter) als häufigste Ursache;

b) Orarisse Jugendlicher und Netzhautzysten;

c) Entzündliche Netzhautablösungen verschiedener Genese.

2. Bei den Verletzungen tritt die Netzhautablösung nach einer Rißbildung am Ort der Gewalteinwirkung (oft Orariß), meist temporal unten, auf.

3. Manchmal zeigt sich das Netzhautloch oder der Orariß an der entgegengesetzten Stelle der eigentlichen Einwirkung (Contrecoup nach Gonin). Auch können beide Arten kombiniert vorkommen.

4. Operative Behandlung ist bei traumatischen wie auch bei degenerativen Netzhautablösungen meist von Erfolg und muß möglichst frühzeitig erstrebt werden. Bei entzündlicher Netzhautablösung ist eine Operation überflüssig.

5. Die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung (W.D.B.) ist abhängig von dem augenärztlichen Befund unter Berücksichtigung der angeschuldigten Ursache, der verstrichenen Zeit, des sonstigen Gesundheitszustandes und der früher festgestellten Befunde.

6. W.D.B. nur im Sinne der Verschlimmerung eines alten Leidens (vorzeitige Auslösung) ist im allgemeinen abzulehnen, da auch ohne die Einwirkungen der der Militärzeit eigentümlichen Verhältnisse die Netzhautablösung mit größter Wahrscheinlichkeit schicksalsmäßig über kurz oder lang eingetreten wäre.

7. Unter Berücksichtigung der Rückfallgefahr ist für Soldaten mit operativ geheilter Netzhautablösung nach der Lazarettentlassung noch mindestens 3—6monatige Schonfrist (Erholungsurlaub, leichter Dienst) zu fordern. Gegen die Militärtauglichkeit als solche ist dann bei weiterer augenärztlicher Kontrolle nichts einzuwenden.

8. Die Diensttauglichkeit und Verwendung in besonderen Dienstzweigen bleibt abhängig von der erhaltenen Sehschärfe und dem Gesichtsfeld beider Augen.

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