Zusammenfassung
Es wird an 114 gesund erscheinenden Soldaten ein durchschnittlicher Lymphozytenwert
von 37,9% festgestellt. Diese Zahl liegt erheblich über der lehrbuchmäßigen Norm,
ist aber eine Bestätigung der Befunde anderer Autoren, die seit dem vorigen Weltkrieg
eine Zunahme der Lymphozyten bemerkt haben. Die Lymphozytose ist im Winter und Sommer
vorhanden, ebenso bei Rauchern und Nichtrauchern. Bei der bekannten Abhängigkeit des
Blutbildes von verschiedenen Variabeln werden als mögliche Teilursachen diskutiert:
1. Einflüsse der Ernährung, die experimentell nachgewiesen worden sind, für unser
Material aber kaum zutreffen.
2. Die Lymphozytose ist Ausdruck eines Zivilisationsschadens; insbesondere spielen
seitdem vorigen Krieg wirkende nervöse Belastungen eine Rolle, was teilweise wahrscheinlich
ist.
3. Noch unbekannte regionäre Faktoren.
4. Die Rolle wiederholter Katarrhe. Auffällig war tatsächlich das häufige Vorliegen
von Anzeichen leichter Rachenkatarrhe, die die Untersuchten nicht belästigten.
5. Ein ursächlicher Einfluß der Schutzimpfungen wird abgelehnt. Durch diese Feststellungen
erfährt die Bedeutung des Befundes einer Lymphozytose zugleich eine Einengung und
Erweiterung. Die erste betrifft z. B. den Wert der Lymphozytose als Hinweis auf einen
chronischen spezifischen Infekt und seine Aktivität. Auch die Anerkennung einer Lymphozytose
als Ausdruck einer Strahlenschädigung bei Röntgenologen ist nicht ohne weiteres haltbar
(Saupe). Die zweite zwingt uns, an die Möglichkeit zu denken, daß die Lymphozytose
des Gesunden Ausdruck eines Frühschadens ist infolge nahezu ubiquitärer Noxen, was
für die banalen Katarrhe und Zivilisationsschäden zutreffen würde.