Zusammenfassung
1. Man muß bei jeder akuten parenchymatösen Nephritis, deren ätiologischer Faktor
nicht eruierbar ist, an die Möglichkeit des syphilitischen Ursprunges denken.
2. Man soll daher in solchen Fällen in der Anamnese nach einer nicht sehr veralteten
luetischen Infektion forschen, nach etwa vorhandenen luetischen Symptomen fahnden,
unter anderm die Wassermannsche Reaktion machen.
3. Wenn die im vorhergehenden Punkte erwähnten Untersuchungen in ihrem Resultat einigermaßen
den syphilitischen Ursprung der Erkrankung wahrscheinlich machen oder aber diesbezüglich
einen berechtigten Verdacht erwecken, so beginne man eine spezifische Therapie der
Lues. Das kann nun Quecksilber oder Salvarsan sein. —Mit Rücksicht darauf, daß das
Quecksilber als anerkanntes Nierengift schon ab ovo als zwiespältige Waffe in die
Wagschale fällt und daß in einer großen Anzahl der Fälle die Quecksilberbehandlung
wegen erfolgter toxischer Erscheinungen (hartnäckige Stomatitis) verlassen werden
mußte, weil weiterhin die spezifische Wirkung des Salvarsans zweifellos schneller
zur Geltung kommt als die des Quecksilbers, so müssen wir wegen der Schwere der Erkrankung
in solchen Fallen dem Salvarsan den Vorzug geben. Symptome einer Arsenintoxikation
haben wir, abgesehen von dem schon erwähnten, acht Tage lang andauernden heftigen
Darmkatarrh, trotz der schweren Niereninsuffizienz zurzeit der Injektion nicht gesehen.