Zusammenfassung
Zusammenfassung der Versuchsergebnisse. Der von mir vermutete Zusammenhang zwischen
dem d'Hérelleschen Phänomen und dem N-Stoffwechsel der Bakterien hat sich experimentell
erhärten lassen. Wir haben gesehen, daß die Entwicklung d'Hérellescher Agentien an
die Anwesenheit von Eiweiß bzw. höherer Eiweißspaltprodukte gebunden ist; wo sie fehlen,
bleibt die Vermehrung der Agentien aus, auch wenn die Vermehrung der Bakterien eine
vorzügliche ist. Bei solchen Bakterien, die durch ihr weitgehendes Abbauvermögen bekannt
sind, kommt es auch in Gegenwart von Eiweiß nicht zur Bildung der lytischen Elemente,
wenn sich nur der Eiwißverbrauch in gewissen Grenzen hält. Damit ist meine Vermutung,
daß das d'Hérellesche Phänomen auf die Anhäufung bestimmter Stoffwechselprodukte zurückgeht,
die eines weiteren Abbaus fähig sind, von neuem experimentell gestützt. In gleicher
Weise ließ sich die Richtigkeit der Annahme demonstrieren, daß die Aufnahme des Nahrungseiweißes
der Bakterienauflösung entgegenarbeitet. So sprechen alle Befunde zugunsten der Autolysetheorie
des d'Hérelleschen Phänomens.
Auch bei der Auflösung unter physiologischer NaCl-Lösung kommen natürlich nur autolytische
Prozesse in Frage. Da das Phänomen an den Eiweißmangel gebunden ist, dokumentiert
es sich als Hungerautolyse. Für eine Erklärung des Auflösungsmechanismus sind die
spontanen leeren Flecke bedeutungsvoll; sie lassen darauf schließen, daß auch hier
ein ursächliches Agens vorhanden ist, das zentral entstand und sich nach allen Seiten
gleichmäßig ausbreitete. Ein solches Agens hat sich zwar nicht nachweisen lassen;
doch verschwinden auch sichere d'Hérellesche Agentien auf eiweißfreien Nährböden,
sodaß der fehlende Nachweis nicht viel besagen will. Auch die sonstige Gleichartigkeit
der Auflösungsbilder deutet auf einen engen Zusammenhang beider Erscheinungen hin.
Darum darf man freilich noch nicht beide miteinander identifizieren; denn wir fanden
bei den Pyozyaneusstämmen, daß die spontane Entstehung der agenshaltigen tâches vièrges
an die Gegenwart von Eiweiß gebunden ist, während unsere Hungerautolyse nur bei Eiweißmangel
eintritt. Wenn wir bei dem d'Hérelleschen Phänomen aktivierende Abbauprodukte des
Nahrungseiweißes als kausales Agens angenommen hatten, so kommen solche hier nicht
in Frage.
Nun wissen wir aber, daß gerade in eiweißfreien Medien die Bakterien sehr schnell
absterben — viel schneller als in den gewöhnlichen Nährböden. So wäre denn zwar kein
der Aufspaltung unterworfenes Nahrungseiweiß, aber dafür zerfallendes Bakterieneiweiß
zur Stelle. Weiterhin fanden wir die Lysosensibilität der Bakterien auf eiweißfreien
Nährböden beträchtlich erhöht, es können sich auflösungsfördernde Momente viel leichter
auswirken als auf Peptonagar. Und schließlich wäre noch zu erwähnen, daß in unseren
Versuchen über die Hungerautolyse die häufigsten Lösungen unter leicht eiweißhaltigen
Flüssigkeiten (verdünnte Bouillon usw.) eingetreten sind; es scheint also, als ob
geringe Eiweißmengen in der Lage sind, die tryptischen Prozesse in Gang zu setzen,
die dann bis zur Autolyse weiterlaufen.
Danach würde es sich bei der Auflösung auf eiweißfreiem wie auf eiweißhaltigem Nährboden
um dasselbe Prinzip handeln: um eine Autolyse auf Grund der Aktivierung der intrabakteriellen
Fermente durch zerfallendes Eiweiß — das eine Mal durch zerfallendes Nahrungseiweiß,
das andere Mal durch zerfallendes Bakterieneiweiß.
(Herr Okamoto, der diese Versuche auf meine Veranlassung durchführte, wird über die
Einzelheiten der Ergebnisse in der Zschr. f. Immun. Forsch. ausführlich berichten.)