Therapeutische Versuche mit Ertuban-Einspritzungen bei Tuberkulose. I.
Zusammenfassung
Die vorliegende Untersuchung hat ergeben.
1. Ertuban erwies sich bei therapeutischer Anwendung als hochgradig spezifisch wirksam.
2. Die ursprünglich gewählte Dosierung war aber zu hoch; kräftige Reaktionen traten
bereits nach den ersten Gaben und in einigen Fällen zu heftig auf. In 2 Fällen kam
es zu Verschlechterungen des Lungenbefundes nach einmaliger Reaktion. In 10 Fällen
bewirkte Ertuban dagegen erhebliche Besserung des Befundes, die vor der Einleitung
der spezifischen Behandlung nicht eingetreten war. Dabei wurde die Beobachtung gemacht,
daß eine einmalige Reaktion zur Einleitung anhaltender Besserung genügte.
3. Unsere Anschauung, daß zum Erfolge bei spezifischen Kuren die Erreichung einer
geringen Reaktion frühzeitig anzustreben ist, fand durch diese Fälle eine Bestätigung.
4. Die Intrakutanprobe erwies sich als geeignet, über die Empfindlichkeit gegen das
spezifische Mittel Aufschluß zu geben und eine Dosierung finden zu lassen, die sich
nahe an der Dosis reactiva minima hält.
5. Dabei zeigte sich, daß kein Parallelismus besteht zwischen Stärke der Intrakutanreaktion
und dem Stadium der Tuberkulose.
6. Dagegen besteht ein Parallelismus zwischen Intrakutanreaktion und Dosis reactiva
minima: je größer die Empfindlichkeit der Haut für intrakutan einverleibtes Ertuban,
desto niedriger die subkutane Dosis reactiva minima.
7. Treten schon bei intrakutaner Einverleibung Herd- oder Allgemeinreaktionen oder
beide auf, so ist auch die Empfindlichkeit für Ertuban von der Subkutis aus verhältnismäßig
hoch. Es ist dabei nicht notwendig, daß die M.M.R. lebhaft sei (siehe Fall 70 und
88).
Aus 2. und 3. geht hervor, daß bei intrakutaner Einverleibung die M.M.R. oder eine
Herd- bzw. Allgemeinreaktion auf hohe Empfindlichkeit von der Subkutis aus hinweist;
für die Praxis sind also alle etwa auftretenden Reaktionen zu berücksichtigen.
8. In jedem Falle ist die Intrakutanreaktion anzustellen, weil sie die Reaktivität
für die subkutane Anwendung in einem dem Patienten günstigen Sinne beeinflußt.
9. Löst die Intrakutanreaktion eine deutliche Herd- bzw. Allgemeinreaktion aus, so
halten wir den Zweck der Einverleibung zunächst für erreicht und unterbrechen die
Behandlung.
10. Bei starker M.M.R. (ohne Herd- und Allgemeinreaktion). wird man die Anfangsdosis
für die Behandlung niedrig, etwa bei 0,1 bis 1,0 ccm einer Verdünnung 1:1000 wählen
(Tabelle 2).
11. Bei schwacher M.M.R. ist es zulässig, eine höhere Anfangsdosis (bis 0,1 ccm reines
Ertuban) zu wählen und rasch zu steigen. Tritt Herd- und Allgemeinreaktion neben der
M.M.R. auf, so ist nur die Anwendung kleinster Dosen, wie bei 10., erlaubt.
12. In bezug auf die Wiederholung der Behandlung bis zur spezifischen Reaktion muß
das Gesamtbild (Allgemeinzustand, Ernährungszustand, subjektives Befinden, objektiver
Befund, erneut angestellte Intrakutanreaktion) maßgebend sein.