Dtsch Med Wochenschr 1933; 59(46): 1736-1739
DOI: 10.1055/s-0028-1141713
Gesundheitswesen und Krankenfürsorge

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Zur Frage der Bekömmlichkeit von Bier

Paul Schmidt
  • Aus dem Hygienischen Institut der Universität in Halle a. d. S.
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Publication Date:
06 May 2009 (online)

1. Der Alkoholgehalt soll für die geforderten leichten Lagerbiere nicht höher als 3 g% sein.

2. Der Extraktgehalt soll 5 g% nicht erheblich überschreiten, da sonst bei dazu Disponierten (ältere Personen!) unangenehme Darmgärungen befördert werden, und obendrein bei größerem Konsum unerwünschte Geschmacks- und individuelle Überempfindlichkeitswirkungen entstehen können. Er soll aber auch nicht wesentlich unter 4 g% heruntergehen.

3. Die Gärung soll eine möglichst hohe Endvergärung sein, die auch bei niedriger Gärtemperatur durch die Art der Malzdarre, durch bestimmte Heferassen und lange Gärdauer erreichbar ist.

4. Der ganze Prozeß der Biererzeugung muß peinlich hygienisch mit völliger Ausschaltung von Bakterien, insbesondere Sarzinen und wilder Hefe, geschehen, damit das Bier geschmacklich und gesundheitlich frei von allen schädlichen Nebenprodukten bleibt.

5. Die Vereinigung all dieser Forderungen ist heutzutage nicht nur technisch, sondern wohl auch ökonomisch erreichbar, allerdings vielleicht mit Änderung der Biersteuergesetzgebung (Leichtbierstarnmwürze etwa von 10—11 g%, Exportbier von 12 bis 14 g%, Starkbier von 15 g% an!). Der Beweis dafür dürfte praktisch durch die hohen Leistungen einzelner wohlbekannter Brauereien, besonders in Bayern und Böhmen, erbracht sein, auch der Beweis ausreichender Haltbarkeit bei richtiger Herstellung und Behandlung.

6. Der Genuß von Bier mit 4 g%igem oder von höherem Alkoholgehalt ist bei größerem Konsum heutzutage eine nicht zu rechtfertigende Vergeudung von Nationalvermögen und zugleich eine Schädigung der Gesundheit.

7. Die starken Biere sollen keineswegs abgeschafft, aber doch höher versteuert werden als bisher.

8. Allgemeiner Hauptgrundsatz bei Aufnahme alkoholischer Getränke muß bleiben: nie trinken, ohne für eine gewisse Magenfüllung gesorgt zu haben bzw. zu sorgen, und wäre es nur mit trockenem Brot.

Mir scheint, es gibt keine Einwendungen gegen diese Forderungen, wenn nicht eigennützige. Die gesetzgebenden Körperschaften und die deutsche Brauindustrie würden sich um unser Volk und seine Erziehung zur Nüchternheit durch diese Reform ein großes Verdienst erwerben. Ich zweifle nicht, daB viele Freunde unseres deutschen Volksgetränks heute ein solches untergänges Leichtbier dankbar aufnehmen würden.

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