Allgemein- und Viszeralchirurgie up2date 2009; 3(4): 221-236
DOI: 10.1055/s-0029-1185928
Unterer Gastrointestinaltrakt, Koloproktologie

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Abszess, Analfistel, Analfissur

A. K. Joos1 , D. Bussen1 , A. Herold1
  • 1End- und Dickdarm-Zentrum Mannheim
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
05. August 2009 (online)

Analabszesse und Analfisteln sind unterschiedliche Verlaufsformen ein und derselben Grunderkrankung, wobei der Abszess die akute Form, die Fistel die chronische Form darstellt. In Deutschland gibt es ca. 15 000 Fistelerkrankte pro Jahr, die Rezidivrate beträgt zwischen 10 und 50 %. Etwa 90 % aller Abszesse und Fisteln sind auf eine unspezifische Infektion der rudimentär angelegten Proktodealdrüsen, am häufigsten im Bereich der hinteren Kommissur, zurückzuführen. Die Einteilung der Abszesse und Fisteln richtet sich nach der anatomischen Lokalisation bzw. dem Verlauf in Bezug auf die Sphinktermuskulatur.

Bei einem Abszess steht der akut zunehmende Schmerz, teilweise mit Fieber und ausgeprägtem Krankheitsgefühl im Vordergrund, abhängig von der jeweiligen Lokalisation. Die Symptomatik der Fisteln besteht meist in der Sekretabsonderung.

Beim Abszess ist eine operative Intervention mit ausreichender Entdeckelung der Entzündungshöhle dringlich, eine vorsichtige Fistelsuche sollte sich anschließen. Die Therapieoptionen bei Fisteln sind vielfältig, je nach Verlauf und Lokalisation derselben. Die Fistelspaltung stellt das Verfahren der Wahl bei einfachen, distal gelegenen Fisteln dar. Die Therapien bei proximalen Fisteln sind der plastische Fistelverschluss und die primäre oder sekundäre Sphinkterrekonstruktion. Verfahren wie die Fibrinklebung und der Fistel-Plug bieten schlechtere Erfolgsraten als obige Techniken.

Eine Analfissur gehört zu den häufigsten proktologischen Erkrankungen. Es besteht ein länglicher, ulkusartiger Defekt im Anoderm, meist in der hinteren Kommissur. Starke Schmerzen mit einer reaktiven Verkrampfung der Muskulatur und einer Minderdurchblutung des Gewebes münden in einen Circulus vitiosus, der die Neigung zum chronischen Krankheitsverlauf erklärt.

Aufgrund der anamnestischen Angaben sind Analfissuren mit typischen stuhlgangabhängigen Schmerzen, verkrampfter Sphinktermuskulatur und Blutungen meist einfach zu erkennen.

Basis jeder konservativen Therapie ist eine Stuhlregulierung. Neben der (wenig wissenschaftlich belegten) Dehnung mittels eines Analdilatators kommt im Wesentlichen eine „chemische Sphinkterolyse“ mit Nitropräparaten oder Kalziumantagonisten in Betracht, mit Abheilungschancen in Höhe von 50–70 %. Bei Versagen der konservativen Therapie wird in Deutschland die Fissurektomie (Ausschneidung der Fissur unter Mitnahme aller Sekundärveränderungen) mit Erfolgschancen von über 90 % bevorzugt.

Quellenangaben

Zum Weiterlesen und Vertiefen

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Dr. med. Andreas K. Joos

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