Dtsch Med Wochenschr 1914; 40(49): 2040-2042
DOI: 10.1055/s-0029-1190826
Militärsanitätswesen

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Das deutsche, österreichische, französische, russische und englische Militärsanitätswesen. V. England (Schluß aus Nr. 48.)

Stabsarzt  Adam (Cöln), z. Z. im Felde
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Publication Date:
03 July 2009 (online)

Das deutsche, österreichische, französische, russische und englische Militärsanitätswesen. IV. Rußland (Fortsetzung aus Nr. 47.)

Zusammenfassung

Die letzten Jahrzehnte haben eine außerordentliche Vermehrung und Verbesserung der Verkehrsmittel gebracht. Wenn diese auch für den deutschen und österreichischen Kriegssanitatsdienst nutzbar gemacht worden sind, so steht doch die ererbte und erprobte Organisation nicht mehr im Einklang mit dem veränderten und verbesserungsfähigem Betriebe. Die Organisation halt voll das, was sie versprochen. Die verbesserten Hilfsmittel lassen indessen noch erhebliche Fortschritte erhoffen. Die Kriegspraxis wird manch Veraltetes über Bord werfen.

Durch die Vermehrung der chirurgisch besonders vorgebildeten Aerzte hat sich — im Verein mit dem schnelleren Transportmitteln — die Aufgabe der Sanitätsformationen verschoben.

Der kriegshygienische Dienst kann und muß zur Ausarbeitung von Methoden führen, die unter Verzicht, auf Mikroskope und Brutschranke die Abwehr und Bekämpfung der Massenerkrankungen bezwecken und erreichen.

Der französische Feldsanitätsdienst ist, nach den Vorschriften zu urteilen, der fortschrittlichste. Von Interesse wird sein zu erfahren, in wie weit sich die vorzüglich ausgedachte Auswechselbarkeit der geschmeidigen Formationen hat durchführen lassen und wie sie auf dem Rückzuge funktioniert hat.

Die englische nähert sich der französischen Organisation, betont indessen ganz besonders die hygienischen Aufgaben des Kriegssanitätsdienstes, was wohl mit den reichlich in den. Kolonien gesammelten Erfahrungen zusammenhangen mag.

Die russische Organisation enthalt viele Dinge, die sicherlich nur bei einem geringen Teile des Riesenheeres durchführbar sind. Bei ihrem Studium wird man daran erinnert, was Rousseau im Contrat social über Rußland schreibt: „Mit den Nationen verhält sichs wie mit den Menschen; man muß, eh man sie Gesetzen unterwerfen kann, eine Zeit der Reife abwarten, die nicht immer leicht zu erkennen ist. Werden die Nationen verfrüht den Gesetzen unterworfen, so ist das ganze Werk verfehlt. Manche Völker sind sofort reif, andere erst nach 1000 Jahren. Die Russen werden niemals richtig kultiviert sein, weil sie die Zeit der Reife nicht abgewartet haben. …. Rußland will ganz Europa unterjochen, und wird selber unterjocht werden. Die den Russen untertanen oder benachbarten Tartaren werden ihre und unsere Herren werden: dieser Umschwung scheint mir unvermeidlich. Alle Regierungen Europas arbeiten daran, ihn zu beschleunigen.”

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