Dtsch Med Wochenschr 1909; 35(26): 1134-1137
DOI: 10.1055/s-0029-1201558
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Ueber körperliche Störungen bei funktionellen Psychosen1)

August Homburger - Arzt der Polikliniks
  • Aus der Psychiatrischen Klinik der Universität in Heidelberg. (Direktor: Prof. Dr. Nissl.)
1) Vortrag, gehalten im Medizinischen Verein zu Heidelberg am 25. Januar 1909.
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Publication Date:
01 August 2009 (online)

Zusammenfassung

Die Diagnose und Prognose der organischen Psychosen ist arthaft, diejenige der funktionellen dagegen individuell bestimmt. Unter ihnen erscheinen die Psychopathien nicht als scharf voneinander getrennte Krankheitsformen, sondern als Varietäten der von vornherein vom Durchschnittstypus irgendwie abweichenden Persönlichkeit. Ein wesentliches Characteristicum der Psychopathie ist die pathologische Reaktion, d. h. die Beantwortung äußerer Geschehnisse durch Stimmungsanomalien von abnormer Intensität und Dauer sowie durch körperliche Funktionsstörungen und Mißempfindungen. Die einzelne psychopathische Persönlichkeit ist als solche gekennzeichnet durch die Art ihrer psychischen und körperlichen Abwegigkeiten und durch den Grad ihrer psychischen Insuffizienz. Eine auf deren Feststellung gerichtete funktionelle Untersuchung führt zugleich zu einer psychischen Toleranzbestimmung; sie bewahrt den Arzt vor ungenügend begründeten Diagnosen organischer Leiden und weist ihn durch die Erkenntnis der Kräfteökonomie des Patienten auf die gebotene psychische Behandlung hin; den Kranken schützt sie vor den schädigenden seelischen Einflüssen einer planlosen Polypragmasie und vor zweckwidrigen örtlichen Eingriffen.

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