Dtsch Med Wochenschr 1909; 35(42): 1825-1826
DOI: 10.1055/s-0029-1201790
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Zur Aetiologie der akuten epidemischen Kinderlähmung

Paul Krause in Bonn, Ernst Meinicke - Leiter des Laboratoriums in Hagen
  • Aus dem Hagener Laboratorium des Vereins zur Bekämpfung der Volkskrankheiten im Ruhrkohlengebiet
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Publication Date:
01 August 2009 (online)

Zusammenfassung

Unsere Versuche, den Erreger der akuten Kinderlähmung mit den üblichen mikroskopischen und kulturellen Methoden nachzuweisen, sind bisher ergebnislos verlaufen. Ebenso haben unsere Bemühungen, Mäuse, Meerschweinchen, Tauben und Kücken zu infizieren, vorläufig zu keinem Resultat geführt. Die Versuche mit Affen sind noch nicht abgeschlossen und werden in größerem Maßstabe fortgesetzt.

Bei Kaninchen konnten wir in mehreren Fällen durch Verimpfen von Kinderlähmungsmaterial den Tod der Tiere herbeiführen. Soweit das Sterben der Kaninchen beobachtet werden konnte, trat der Tod unter ausgesprochenen Erscheinungen von seiten des Zentralnervensystems auf. Die Tiere gingen meist erst nach einer ziemlich langen Zeit anscheinenden Wohlbefindens ein. Durch die Beobachtung des lebenden Tieres und die Obduktion konnten anderweitige Todesursachen, wie Sepsis, Seuche, Durchfälle, Marasmus, nicht nachgewiesen werden. Eine gewisse Gesetzmäßigkeit in dem Termin des Krankheitsbeginnes, in der Art der Krankheitssymptome und dem Zeitpunkt des Todes ist in einzelnen Fällen nicht zu verkennen. Es sei hier nur auf die Kaninchen 16 und 18 und insbesondere 19 und 20 verwiesen. Diese beiden Tiere erkrankten 11 Tage nach der Impfung ungefähr gleichzeitig unter völlig übereinstimmenden Symptomen und starben beide nach mehrstündigem Kranksein innerhalb einer Stunde. Ein derartiges Verhalten läßt wohl im Verein mit den oben erwähnten anderen Beobachtungen die Auffassung nicht unberechtigt erscheinen, daß in der Impfung der Kaninchen mit Kinderlähmungsmaterial die Ursache der späteren Erkrankungen und des anschließenden Todes zu suchen ist. Nach dem Beschlusse einer am 6. Oktober im Kultusministerium stattgefundenen Besprechung werden unsere Versuche in Verbindung mit dem Kgl. Institut für Infektionskrankheiten zu Berlin in größerem Maßstabe fortgesetzt.

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