Gastroenterologie up2date 2009; 5(2): 90-91
DOI: 10.1055/s-0029-1214619
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Magenkarzinom: H.-pylori-Eradikation verhindert Karzinomneubildung

Peter  Malfertheiner
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Publication Date:
30 June 2009 (online)

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Einfluss der Helicobacter-pylori-Eradikation auf die Inzidenz metachroner Magenkarzinome nach endoskopischer Resektion eines Magenfrühkarzinoms: eine nicht verblindete, randomisierte, kontrollierte Studie

Effect of eradication of Helicobacter pylori on incidence of metachronous gastric carcinoma after endoscopic resection of early gastric cancer: an open-label, randomised controlled trial

Fukase K, Kato M, Kikuchi S, Inoue K, Uemura N, Okamoto S, Terao S, Amagai K, Hayashi S, Asaka M; for the Japan Gast Study Group; Department of Gastroenterology, Yamagata Prefectural Central Hospital, Yamagata, Japan

Hintergrund: Der Zusammenhang zwischen einer Helicobacter-pylori-Infektion und der Entstehung eines Magenkarzinoms ist in epidemiologischen Studien und Tierversuchen zwar belegt, wird in anderen Studien jedoch kontrovers diskutiert. K. Fukase et al. untersuchten nun den prophylaktischen Effekt einer H.-pylori-Eradikation auf die Entstehung eines metachronen Magenkarzinoms nach endoskopischer Resektion eines Magenfrühkarzinoms.

Methoden: An der großen multizentrischen, „open label”, randomisierten, kontrollierten Studie nahmen 544 Patienten mit Magenfrühkarzinom teil. Bei ihnen wurde entweder gerade die Erstdiagnose gestellt und die endoskopische Resektion geplant oder sie befanden sich in der Verlaufskontrolle nach endoskopischer Resektion. Die Indikation zur endoskopischen Resektion des Magenkarzinoms erfolgte nach den japanischen Leitlinien bei Patienten mit einem auf die Mukosa beschränkten Magenkarzinom vom intestinalen Typ ohne Ulzeration oder Ulkusnarbe und mit einem Durchmesser von < 20 mm. Sie wurden randomisiert einer Verumgruppe mit H.-pylori-Eradikation (n = 272) oder einer Kontrollgruppe (n = 272) zugeteilt. Die antibiotisch behandelte H.-pylori-Gruppe erhielt 1 Woche 2 × täglich 30 mg Lansoprazol, 750 mg Amoxicillin und 200 mg Clarithromycin; die Kontrollgruppe erhielt die Standardbehandlung, jedoch keine antibiotische Therapie. Die Patienten wurden 6, 12, 24 und 36 Monate nach Aufnahme in die Studie endoskopisch untersucht, um festzustellen, ob sich ein metachrones Magenkarzinom entwickelt hatte (primärer Endpunkt). Hierbei handelt es sich um einen an anderer Stelle des Magens neu entstandenen Tumor nach vorausgegangener endoskopischer Resektion des ursprünglichen Karzinoms.

Ergebnisse: Nach 3 Jahren stellte sich heraus, dass sich bei 9 Patienten der H.-pylori-Gruppe und bei 24 Patienten der Kontrollgruppe ein metachrones Magenkarzinom entwickelt hatte. Insgesamt verringerte sich das Risiko in der Verumgruppe um etwa zwei Drittel (Odds Ratio 0,353; 95 %-Konfidenzintervall 0,161 – 0,775; p = 0,009) gegenüber der Kontrollgruppe. In der Eradikationsgruppe hatten 19 Patienten (7 %) eine Diarrhö und 32 (12 %) weichen Stuhl.

Folgerungen: Die prophylaktische H.-pylori-Eradikation nach endoskopischer Resektion eines Magenfrühkarzinoms trägt bei diesen vorbelasteten Patienten dazu bei, die Entwicklung eines metachronen Magenkarzinoms zu verhindern, so die Autoren.

Lancet 2008; 372: 392 – 397

(zusammengefasst von Dr. Nasser Semmo, Freiburg)

Primär- und Sekundärprophylaxe. Ob eine H.-pylori-Eradikation auch in der Sekundärprophylaxe des Magenkarzinoms nach endoskopischer Resektion eines Magenfrühkarzinoms wirksam ist, hat die Japan Gast Study Group untersucht. Die Autoren belegten die Sinnhaftigkeit der H.-pylori-Eradikation auch unter dieser Gegebenheit.

Die primäre Rolle der H.-pylori-Infektion in der Pathogenese des Magenkarzinoms ist gut belegt und bildet die Voraussetzung für die bislang durchgeführten und erfolgreich verlaufenen Studien zur Primärprophylaxe des Magenkarzinoms durch H.-pylori-Eradikation. Das Ergebnis dieser Studie ist insofern bedeutsam, als die H.-pylori-Eradikation auch in der Sekundärprophylaxe zum Schutz gegen die Entstehung eines weiteren ( = metachronen) Karzinoms im Magen wirksam ist. Sie bestätigt damit frühere, ebenfalls in Japan durchgeführte Beobachtungsstudien, bei denen die H.-pylori-Eradikation das weitere Auftreten von Magenkarzinomen nach endoskopischer Resektion des Magenfrühkarzinoms reduzieren konnte. Die häufig zitierte Annahme, dass die H.-pylori-Eradikation ab einem bestimmten Schädigungsgrad der Magenschleimhaut („point of no return”) grundsätzlich nicht mehr wirksam sein kann, ist hiermit widerlegt. Allerdings muss das Ergebnis dahingehend mit Einschränkung bewertet werden, dass dies für eine Gruppe von Patienten, aber nicht generell gilt.

Präneoplastische Veränderungen. Zur Frage der Rückbildung von präneoplastischen Veränderungen der Magenschleimhaut (Atrophie, intestinale Metaplasie) gibt es viele kontroverse Ergebnisse in der Literatur. Es bleibt auch unter Berücksichtigung dieser Studie unbenommen, dass eine komplette Normalisierung der Magenschleimhaut in der Regel nur dann erfolgen kann, wenn keine präneoplastischen Veränderungen vorliegen. Die entscheidende Frage, bei welchen Patienten eine Progression einmal eingetretener präneoplastischer Veränderungen auch nach erfolgreicher H.-pylori-Eradikation stattfindet, ist zum jetzigen Zeitpunkt nur durch die individuelle Nachbeobachtung der Patienten zu beantworten. In der klinischen Praxis bedeutet dies, dass wir auch nach H.-pylori-Eradikation Patienten, bei denen bereits eine Atrophie/intestinale Metaplasie vorliegt, unter endoskopischer/histologischer Kontrolle halten müssen. Eine klare Anleitung zu den zeitlichen Intervallen dieser endoskopischen Kontrolluntersuchungen kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht gegeben werden.

Fazit. Die H.-pylori-Eradikation senkt das Risiko für das Magenkarzinom auch bei Patienten, bei denen ein Frühkarzinom endoskopisch abgetragen werden konnte. Es gilt aber weiter, dass Patienten nach Entfernung des Magenkarzinoms durch endoskopische Resektion oder nach subtotaler Magenresektion ebenso wie bei Vorliegen präneoplastischer Veränderungen auch nach erfolgreicher H.-pylori-Eradikation unter ärztlicher (= endoskopischer) Beobachtung bleiben müssen.

Prof. Dr. med. Peter Malfertheiner

Otto-von-Guericke Universität Magdeburg
Zentrum für Innere Medizin
Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie

Leipziger Straße 44
39120 Magdeburg

Email: peter.malfertheiner@med.ovgu.de

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