Balint Journal 2009; 10(3): 96-97
DOI: 10.1055/s-0029-1224620
Berufpolitisches

© Georg Thieme Verlag Stuttgart ˙ New York

Bericht vom 112. Deutschen Ärztetag in Mainz

Report from the 112th German Medical Conference in MainzS. Scheerer
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Publication Date:
18 September 2009 (online)

In Weiterführung der Stellungnahmen zur Entwicklung des Gesundheitswesens von Ulm (siehe „Ulmer Papier“) waren die Schwerpunkte gewählt, die auch immer, wenn auch indirekt, Be­züge zur Gestaltung der Arzt-Beziehung enthielten:

Prüfsteine für eine neue vorausschauende Gesundheitspolitik Patientenrechte in Zeiten der Rationierung Der Beruf des Arztes – ein freier Beruf Heute und in Zukunft Medizinische Versorgung von Menschen mit Behinderung (Muster-)Weiterbildungsordnung

sind neben den vielfältigen Themen im Bericht der Geschäftsführung vorwiegend klare Abstimmungsergebnisse zu den einzelnen Anträgen erreicht worden (wieder eine Flut, die dazu führte, dass wir erst am Freitag gegen 16 : 00 den Ärztetag beenden konnten).

Ministerpräsident Kurt Beck ließ es sich nicht nehmen im Zeichen des Wahlkampfes, auch präsent zu sein und eine arztfreundliche Rede zu halten. Allerdings hält er den Begriff „Rationierung im Gesundheitswesen“ für nicht aussprechbar. Dem setzte Staatssekretär Dr. Schröder (die graue Eminenz) noch eins drauf, es sei genug Geld im System, widersprach sich aber selbst, indem er ­finanzielle Mittel aus Steuermittel beisteuern will. Dr. Schröders Rede enthielt, wenn nicht die ideologische Keule geschwungen wurde, ansonsten akzeptable Passagen, so dass er mit freundlichem Applaus bedacht wurde.

Der DÄT-Präsident Prof. Hoppe brachte mit seiner klaren analytischen Sicht des deutschen Gesundheitswesen das Reizwort „Priorisierung“ in die Diskussion, dieses Reizwort wurde Der Rote ­Faden für den Ärztetag. Er bezieht sich auf politische ausbleibende Entscheidungen, wie bei Mittelmangel diese in Prioritäten in Praxis und Krankenhaus und Gesundheitsdiensten einzusetzen sind. Dies meinte er als Auftrag an die Politik, Entscheidungen diesbezüglich zu treffen (Siehe Staatssekretär Dr. Klaus Theo Schröder). In Schweden ist diese Gewichtung schon vor 20 Jahren geräuschlos über die Bühne gegangen.

Von einigen Medien als auch aus der Politik wird der Vorgang dahingehend interpretiert, dass die deutsche Ärzteschaft (Prof. Hoppe) die Priorisierung auf seine Fahnen geheftet hat und sie von sich aus fordert. Weit gefehlt!. Die Rationisierung in der Medizin ist allgegenwärtig. Insgesamt erlebte ich eine sehr arbeitsbereite Athmosphäre und viele gute Begegnungen am „Rande“.

In der am Vortage durchgeführte öffentliche Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung machte die von Außen und Innen ­betriebene systematische Zerstörung der Selbstverwaltung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte zum Brennpunkt der Berichte und der Diskussion. „Abreißen oder Sanieren“: das ist die ­objektive Problemdarstellung. Der Dschungel von Kollektiv- und Selektivverträgen, z. B. Hausarztverträge, von der KVB kritisch gesehen, führt berechtigterweise zu kommerziell gestützten Einmischungen in die Arzt-Patient-Beziehung. Dieses Thema wurde auch in Ärztetagsdiskussionen aufgegriffen und sehr konträr gesehen.

Die Arzt-Patient-Beziehung gelangte dann in den Fokus, wenn es sich um die Ökonomisierung handelt und die Freiberuflichkeit des Arztes demontiert wird, denn die Freiberuflichkeit, unabhängig vom Anstellungsverhältnis, ist die Grundlage kollegialer Zusammenarbeit und ermöglicht die unabhängige Gestaltung der Arzt-Patient-Beziehung. Der Schutz der Arzt-Patient-Beziehung wird als Ziel des DÄT benannt.

In diesem Zusammenhang wurde in Diskussionen der „mündige Patient“ als Arbeitsgrundlage benannt, die Subjektposition gerät vielfältig in Gefahr. In den Diskussionen zur Betreuungssituation von Menschen in Behinderung wird mehrfach auf die Notlage der betroffenen Familien hingewiesen, die oft im „Gestrüpp“ der Sozialgesetzgebung hängen bleiben und dagegen unkomplizierte und kompetente Hilfe benötigen. Auch hier ist gelingende kooperative ärztliche Zusammenarbeit und die Einbeziehung anderer Leistungserbringer erforderlich. Der Hausarzt muss in diesem Team integriert sein, denn er betreut die Familie. Ein Antrag sächsischer Kollegen für die Themen auf dem 113. DÄT in Dresden (2.5.–5.5.2010) schlägt das Thema „Kollegiale ärztliche Zusammenarbeit“ vor. Der Antrag wurde zur weiteren Bearbeitung an den Vorstand überwiesen.

Kontinuität in personeller Konstanz ist eine weitere Vorraussetzung für gelingende komplexe Betreuung. Hier sind Wir Ärzte in die Pflicht genommen, das kann und soll die Politik weder verantworten noch regeln. Nur, sie muss dafür auch die substantiellen Grundlagen für betreuende Systeme schaffen.

Die (Muster-)Weiterbildungsordnung ist obligater Bestandteil der Ärztetage, hier stand die Evaluierung der Weiterbildungs­befugten und ihrer Arbeit im Mittelpunkt.

Wer sich intensiver mit den Grundsatzreden zu den Themenkomplexen und Beschlüssen beschäftigen will holt sich das Referat aus dem Internet. Es wurde kurz die Deklaration von Genf des Weltärztebundes vorgestellt und vom Plenum angenommen (Eine Modernisierung des hippokratischen Eids).

Dr. Scheerer, Delegierter der brandenburgischen Ärzteschaft

Gelöbnis

Bei meiner Aufnahme in den ärztlichen Berufsstand gelobe ich feierlich: Mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen.

Ich werde meinen Lehrern die schuldige Achtung und Dankbarkeit erweisen.

Ich werde meinen Beruf mit Gewissenhaftigkeit und Würde ausüben. Die Gesundheit meines ­Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein. Ich werde alle mir anvertrauten Geheimnisse auch über den Tod des Patienten hinaus wahren.

Ich werde mit allen meinen Kräften die Ehre und die edle Überlieferung des ärztlichen Berufes ­aufrechterhalten. Meine Kolleginnen und Kol­legen sollen meine Schwestern und Brüder sein. Ich werde mich in meinen ärztlichen Pflichten meinem Patienten gegenüber nicht beeinflus­sen lassen durch Alter, Krankheit oder Behinderung,Konfession, ethnische Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politische Zugehörigkeit, Rasse, sexuelle Orientierung oder soziale Stellung.

Ich werde jedem Menschenleben von seinem ­Beginn an Ehrfurcht entgegenbringen und selbst unter Bedrohung meine ärztliche Kunst nicht in Widerspruch zu den Geboten der Menschlichkeit anwenden.

Dies alles verspreche ich feierlich und frei auf meine Ehre.

MR Dr. med. S. Scheerer

Alte Poststraße 12

15518 Heinersdorf

Email: sigmar.scheerer@t-online.de

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