Dtsch Med Wochenschr 2009; 134(37): 1803
DOI: 10.1055/s-0029-1237513
Editorial
Gastroenterologie, Viszelralmedizin
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Viszeralmedizin 2009: Gelebte Interdisziplinarität als Voraussetzung für optimale Behandlungsqualität

Visceral medicine 2009: interdisciplinary approach as a prerequsite of optimal quality of treatmentH. Koop1 , J. F. Riemann2
  • 1Klinik für Innere Medizin II, Helios Klinikum Berlin-Buch
  • 2ehem. Direktor der Medizinischen Klink C, Klinikum der Stadt Ludwigshafen gGmbH
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Publication History

Publication Date:
02 September 2009 (online)

Wie bereits in den Vorjahren erscheint zum Kongress „Viszeralmedizin 2009”, der gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten und der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie, ein Schwerpunktheft der Deutschen Medizinischen Wochenschrift. Der von beiden Fachgesellschaften getragene Kongress, der in diesem Jahr vom 30. September bis zum 3. Oktober in Hamburg stattfindet, entwickelt sich zum wichtigsten Treffen der in der Viszeralmedizin tätigen Ärzte. Er ist Ausdruck eines hohen Maßes an Interdisziplinarität, wie sie auch der klinische Alltag stets erfordert. Denn die Interaktionen zwischen Gastroenterologen und Viszeralchirurgen sind vielfältig und eng: Offensichtlich unverzichtbar in der Behandlung von Patienten mit Tumoren des Gastrointestinaltraktes, auch bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, beim Gallensteinleiden, der akuten und chronischen Pankreatitis und der Divertikulitis, um nur einige typische klinische Situationen zu benennen, ist eine enge Kooperation zwischen beiden Disziplinen eine unabdingbare Voraussetzung für die adäquate Diagnostik und Therapie der uns anvertrauten Patienten. Das war nicht immer so; umso erfreulicher ist die jetzige Entwicklung auch im Hinblick auf eine qualitätsorientierte und effiziente Behandlung, die sich unter anderem auch in der Etablierung gemeinsamer Stationen in vielen Kliniken bereits manifestiert.

In der Gastroenterologie sind wichtige neue Erkenntnisse auf vielen Gebieten generiert worden, die Gegenstand der Darstellung auf dem Kongress sein werden. Beflügelt durch Forschungsergebnisse aus der Grundlagenforschung, aber eben auch aus der klinischen Forschung eröffnen sich neue Einsichten in spezifische Krankheitsprozesse in dem großen Fachgebiet mit der Perspektive neuer Diagnostik- und Therapieoptionen. Oberstes Ziel muss eine hohe Behandlungsqualität ohne Abstriche bleiben: Neue Erkenntnisse müssen rasch Eingang in die Behandlung der betroffenen Patienten finden. Angesichts des großen Spektrums des Fachgebietes mit seinen hoch spezialisierten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen steht aber nach wie vor der betroffene Patient mit seinem individuellen Problem und dessen vielschichtigen Facetten in Zentrum eines der Situation angemessenen Handelns.

In diesem Schwerpunktheft sind einige Beiträge zusammengestellt, die das Anliegen des Kongresses exemplarisch unterstreichen:

Neoadjuvante Therapieansätze entwickeln sich zu einem großen Feld der interdisziplinären Zusammenarbeit von Gastroenterologen und Viszeralchirurgen auf dem Gebiet der gastrointestinalen Onkologie. Der aktuelle Wissenstand wird kritisch dargestellt. Zwar ist die Besiedlung des Magens mit Helicobacter pylori ein „auslaufendes Modell” – einerseits durch die stete Abnahme der Infektion in der Bevölkerung, andererseits durch die Eradikationstherapie. Dieser Aspekt wie auch zunehmende Resistenzen gegen bisher hochwirksame Antibiotika-Therapien stellen neue Herausforderungen dar, die in der neuen Leitlinie zur Helicobacter-Behandlung aktualisiert und prägnant zusammengefasst wurden. Extraintestinale Manifestionen der gastro-ösophagealen Refluxkrankheit sind Gegenstand intensiver Diskussionen mit benachbarten Disziplinen wie Pneumologie und HNO-Heilkunde; was wissen wir wirklich über diese Entitäten und wie sollen wir das praktisch wichtige Problem im Alltag angehen? Die Auseinandersetzung mit der Leberzirrhose und ihren Komplikationen durch die portale Hypertension gehört zu den täglichen Herausforderungen in unserem Fachgebiet. Aktuelle Entwicklungen gerade auf dem Gebiet der medikamentösen Behandlungsoptionen werden in einer Übersicht klar aufgezeigt. Eine ausgesprochen seltene, wenn auch gravierende Komplikation bei der Koloskopie ist die Verletzung der Milz; sie verdient im Zeitalter intensiver Bemühungen um eine breite Teilnahme der Bevölkerung an der präventiven Koloskopie Beachtung: nicht um Patienten zu verunsichern, sondern um die Endoskopiker auf dieses rare Geschehen aufmerksam zu machen und Viszeralchirurgen für – wo immer möglich – organerhaltende Operationsverfahren zu sensibilisieren. Die Rolle der Kohlehydratmalabsorption für die Generierung von abdominellen Beschwerden, insbesondere Blähungen, wird – nicht zuletzt auch von Patienten – zunehmend diskutiert und deshalb die Forderung nach einer entsprechenden Diagnostik erhoben. Die Debatte wird kontrovers dargestellt.

Für die stetige Optimierung der Behandlungsqualität unserer Patienten sind neue wissenschaftliche Erkenntnisse wie auch der konstruktive interdisziplinäre Dialog gleichermaßen unabdingbar. Dies zu fördern ist eines unserer zentralen Anliegen.

Prof. Dr. med. Herbert Koop

Chefarzt der Klinik für Innere Medizin II, HELIOS Klinikum Berlin-Buch

Schwanebecker Chaussee 50

13125 Berlin

Phone: 030 9401-52600

Fax: 030 9401-52609

Email: herbert.koop@helios-kliniken.de

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