Dtsch Med Wochenschr 2009; 134(39): 1956
DOI: 10.1055/s-0029-1237540
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Nichtansprechen auf Protonenpumpenhemmer bei gastroösophagealer Refluxkrankheit

Non response to proton pump inhibitors in gastroesophageal reflux diseaseS. Lochner, W. Kirch
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Publication Date:
16 September 2009 (online)

Kann es sein, dass Patienten therapierefraktär gegenüber Protonenpumpenhemmer sind?

Protonenpumpenhemmer (PPI) gehören aufgrund ihrer guten Wirksamkeit zu den Arzneimitteln der ersten Wahl bei gastroösophagealer Refluxkrankheit [5]. Bis zu 40 % der Patienten sprechen jedoch nicht auf die Therapie mit PPI in Standarddosen an [2]. Die Persistenz der Symptome kann eine Vielzahl von Ursachen haben, die sorgfältig abgeklärt werden müssen. Neben der Compliance und dem richtigen Einnahmemodus spielen pharmakokinetische Faktoren sowie differentialdiagnostische Erwägungen eine wichtige Rolle bei der Auswahl der geeigneten Therapie. Nur bei einem sehr geringen Anteil der Patienten spricht man von einer refraktären gastroösophagealen Refluxkrankheit, die auch durch Maßnahmen wie Dosisanpassung oder Wechsel des Arzneimittels nicht erfolgreich therapiert werden kann. In einer Fall-Kontroll-Studie [3] zeigte sich, dass ein Lanzoprazol-Nonresponse besonders bei Patienten über 60 Jahren oder mit vorausgegangener, aber unterbrochener PPI-Einnahme sowie bei starken Rauchern auftrat.

Protonenpumpenhemmer inhibieren die H+/K+-ATPase in den Belegzellen des Magenfundus und dadurch die Magensäureproduktion. Nach oraler Aufnahme werden sie zunächst im Dünndarm resorbiert und erreichen über die systemische Zirkulation die Belegzellen. In den sekretorischen Kanälen dieser Zellen werden sie intrazellulär zum eigentlichen Wirkstoff metabolisiert und blockieren das membranständige Enzym H+/K+-ATPase.

Aufgrund ihrer Säurelabilität werden PPI als magensaftresistente Formulierungen angeboten und müssen mindestens eine halbe Stunde vor der Mahlzeit eingenommen werden. Eine falsche Einnahme kann den Wirkverlust zur Folge haben und Grund für das Nichtansprechen der Therapie sein [6]. Bei Patienten, deren Magensäureproduktion mit normalen Dosen nicht ausreichend gehemmt wird, kann eine Steigerung der Dosis auf das Doppelte den gewünschten Therapieerfolg herbeiführen. Auch eine Änderung des Einnahmeregimes von einer einmal auf eine zweimal tägliche Applikation führt bei bis zu 25 % der Patienten zu einer Besserung der Symptomatik [3]. Manche Patienten profitieren außerdem von einem Wechsel auf einen anderen PPI.

Ashida et al. [1] beschrieben, dass vor allem Patienten mit verzögerter Magenentleerung aufgrund einer schlechten Resorption geringere PPI-Plasmaspiegel aufweisen. Dies führt zu einer inadäquaten Magensäuresuppression. Der Wechsel von Arzneimitteln in Single-Unit-Dosage-Formen auf Multiple-Unit-Dosage-Formen (Formulierungen, die aus magensaftresistenten Mikropellets bestehen) zeigte hier eine deutliche Verbesserung der Symptomatik.

PPI besitzen einen ausgeprägten hepatischen Metabolismus. Besonders die Cytochrom P450-Isoformen CYP3A4 und CYP2C19 katalysieren diese Reaktionen. Das Isoenzym CYP2C19 unterliegt einem genetischen Polymorphismus. Während ca. 2 – 5 % der europäischen Bevölkerung kein funktionierendes CYP2C19-Isoenzym aufweisen und damit eine signifikant bessere Ansprechrate für Substrate dieser Enzyme zeigen, kann es bei extensiven Metabolisierern zu einer verminderten Wirksamkeit von PPI kommen [4].

Führt eine 4-wöchige Therapie mit einem PPI trotz der genannten Maßnahmen nicht zu einer Besserung der Symptomatik, sollten weitere diagnostische Untersuchungen durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass es sich tatsächlich um eine gastroösophagealen Refluxkrankheit handelt. Darüber hinaus sollten mögliche Differentialdiagnosen wie eosinophile Ösophagitis oder funktionelles Sodbrennen ausgeschlossen werden.

Eine Refluxerkrankung kann auch durch die Einnahme von Arzneimitteln begünstigt oder sogar ausgelöst werden. Vor allem nichtsteroidale Antirheumatika wie Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Diclofenac und andere mehr haben durch ihre Hemmung der Prostaglandinsynthese eine schädigende Wirkung auf die Magenschleimhaut. Weitere Arzneistoffe, die eine medikamentös-toxische Ösophagitis auslösen können, sind Tetracyline, Bisphosphonate, Eisensulfat und Kaliumhaltige Präparate.

Fazit: Spricht ein Patient auf eine 4-wöchige Therapie mit einem PPI nicht an, ist zu überprüfen, ob der Patient compliant ist sowie das Einnahmeregime korrekt erfolgt. Es konnte gezeigt werden, dass bei Persistenz der Symptome eine Umstellung auf einen Protonenpumpenhemmer der zweiten Generation oder eine Erhöhung der Dosis zum Therapieerfolg führen kann [6] . In Einzelfällen verbesserte auch eine kurzzeitige Hochdosistherapie mit H2-Rezeptorantagonisten oder eine additive nächtliche Gabe dieser Substanzen, die bei gastroösophagealen Refluxkrankheit nicht zur Standardtherapie zählen, die Symptomatik. Darüber hinaus müssen differentialdiagnostisch zu erwägende Erkrankungen oder Ursachen für die Non-Response gesichert bzw. ausgeschlossen werden.

Autorenerklärung: Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte in Zusammenhang mit diesem Manuskript bestehen.

Literatur

  • 1 Ashida K. et al . Clinical study on the pathophysiology and treatment of PPI-resistant ulcers.  J Clin Gastroenterol. 1995;  20, Suppl 2 S67-71
  • 2 Becker V. et al . Clinical trial: persistent gastro-oesophageal reflux symptoms despite standard therapy with proton pump inhibitors – a follow-up study of intraluminal-impedance guided therapy.  Aliment Pharmacol Ther. 2007;  26 1355-1360
  • 3 Claessens A A. et al . Factors associated with non-response in proton pump inhibitor users: a study of lansoprazole therapy.  Pharm World Sci. 2001;  23 107-110
  • 4 Furuta T. et al . Effect of genetic differences in omeprazole metabolism on cure rates for Helicobacter pylori infection and peptic ulcer.  Ann Intern Med. 1998;  129 1027-1030
  • 5 Müller E A. Therapie gastrointestinaler Erkrankungen.  In: Frölich JC, Kirch W Praktische Arzneitherapie. Heidelberg; Springer 2006: 357-363
  • 6 Richter J E. How to manage refractory GERD.  Nat Clin Pract Gastroenterol Hepatol. 2007;  4 658-64

Sophie Lochner
Prof. Dr. Dr. W. Kirch

Institut für Klinische Pharmakologie, Medizinische Fakultät der TU Dresden

Fiedlerstr. 27

01307 Dresden

Phone: 0351/458-5196

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