Pneumologie 2009; 63(8): 413
DOI: 10.1055/s-0029-1238232
Pneumo-Fokus

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Sportmedizin - Blutgase auf dem Gipfel der Welt

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Publication Date:
14 August 2009 (online)

 

Der Mount Everest, auch Sagarmatha (nepalesisch) oder Chomolungma (tibetisch) genannt, ist mit 8848 Metern über dem Meeresspiegel der höchste Berg der Erde (Bild: Skeiwoker/pixelio).

Die erhöhte alveolo-arterielle Sauerstoffdifferenz AaDO2, die unter Bedingungen extremer Hypoxie gemessen wird, könnte eine Vorstufe des Höhenlungenödems darstellen. Diese Vermutung leiten M. P. W. Grocott et al. aus ihren Blutgasuntersuchungen von Bergsteigern am Mount Everest ab. N Engl J Med 2009; 360: 140 – 149

Das Team aus dem Center for Altitude, Space and Extreme Environment Medicine der Universität London gewann arterielle Blutgasproben von 10 Bergsteigern während einer Mount-Everest-Besteigung auf mehreren Höhenstufen: im Basislager bei 5300 m, in Camp 2 auf 6400 m, in Camp 3 auf 7100 m sowie während des Gipfelabstieges, wo bei 8400 m auf der sogenannten "Balcony" die erste sichere Möglichkeit bestand, einen Unterstand zu errichten. Die ursprünglich geplanten Blutgasanalysen (BGA) auf dem Gipfel konnten wegen des schlechten Wetters nicht realisiert werden.

Die Blutproben wurden im Basislager aus einer Radialisverweilkanüle abgenommen, in den höheren Lagen durch direkte Punktion der A. femoralis mittels einer 21G-Nadel. Die sofort versiegelten Proben brachten Sherpas in eiswassergekühlten Vakuumbehältern in das Camp 2, wo das Blutgasanalysegerät stand. Alle Proben konnten spätestens 2 Stunden nach der Gewinnung analysiert werden, von jeder Probe wurden 3 Analysen durchgeführt und die Ergebnisse gemittelt. Die Bergsteiger atmeten ab einer Höhe von 7100 m 2–3 l/min Sauerstoff; vor Gewinnung der BGA in 8400 m Höhe war eine 20-minütige Wash-out-Phase unter Ruhebedingungen ohne Sauerstoffgabe einzuhalten.

Während der arterielle Sauerstoffpartialdruck (pO2) mit zunehmender Höhe abnahm, blieb die arterielle Sauerstoffsättigung (SaO2) relativ lange stabil. Die Sauerstoffkonzentration im Blut (CaO2) blieb durch zunehmende Hämoglobinkonzentrationen bis zu einer Höhe von 7100 m weitgehend konstant. In einer Höhe von 8400 m betrug der mittlere pO2 aus 4 Proben 24,6 mmHg (19,1–29,5 mmHg). Die mittlere pCO2 wurde mit 13,3 mmHg (10,3 –15,7 mmHg) ermittelt. Der Sauerstoffgehalt des Blutes war im Mittel um 26 % geringer als auf 7100 m Höhe.

Die mittlere AaDO2 wurde mit 5,4 mmHg errechnet, wobei die beiden Personen mit den schlechteren O2-Partialdrücken deutlich höhere AaDO2 aufwiesen (7,81 und 6,44 mmHg vs. 2,89 und 4,51 mmHg). Trotz des eklatanten Sauerstoffmangels wurde in 8400 m Höhe mit 2,2 mmol/l im Mittel erstaunlicherweise keine wesentliche Lactaterhöhung festgestellt; auch neurologische oder funktionelle Defizite blieben aus.

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