Suchttherapie 2009; 10 - S144
DOI: 10.1055/s-0029-1240279

ADHS, Glücksspielsucht und Computerspielabhängigkeit

F Wedegaertner 1, J Petry 2, G Plaumann 3, B te Wildt 1, S Bleich 1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover; Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, Hannover
  • 2AHG Allgemeine Hospitalgesellschaft AG, Düsseldorf
  • 3Diakonisches Werk, Herford

Einleitung: Erhöhte Impulsivität und Symptome einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) können sowohl bei Patienten mit Glücksspielsucht[1;4] als auch bei Patienten mit exzessivem Computerspiel[2] nachgewiesen werden. Dabei scheinen Kinder mit ADHS von den negativen Auswirkungen exzessiven Videospielens stärker betroffen zu sein als gesunde[3]. Die Besonderheiten der Aufmerksamkeitsbindung durch Computer- und Glücksspiele und die Möglichkeit, dass diese auch Aufmerksamkeits- und Impulskontrollstörungen de novo verursachen könnten, wird hierbei kaum betrachtet.

Methodik: Jeweils 25 Patienten, die aufgrund von pathologischem Glücksspiel oder Computerspielabhängigkeit in Behandlung waren, und eine Kontrollgruppe wurden auf das Vorliegen ADHS-typischer Symptome während der Kindheit und in der Gegenwart untersucht.

Ergebnisse: In der Gruppe der computerspielabhängigen Patienten (PC) (WURS; 25,85; SD 16,4, p<0,025) ließ sich eine ADHS-Symptomatik in der Kindheit von stärkerem Ausmaß erheben als bei pathologischen Glücksspielern (PG) (14,56; SD 18,45) (Kontrollen (C): 13,59; SD 11,57). Patienten beider Gruppen hatten als Erwachsene in gleichem Ausmaß Störungen der Aufmerksamkeit (CAARS; PC: 5,15; SD 1,4; PG: 4,92; SD 1,92; C: 2,71; SD 1,23), der Impulsivität (PC: 4,95; SD 1,84; PG: 4,80; SD 1,64; C: 3,42; SD 1,53 / BIS: PC: 38,26; SD 7,16; PG: 39,8; SD 7,73; C: 32,9; SD 4,72) und der Selbstkontrolle (PC: 4,95; SD 1,90; PG: 4,73; SD 1,37; C: 2,52; SD 1,88) (Alpha=0,025).

Diskussion: Glücksspieler unterschieden sich von Internetabhängigen nicht nur im Medium, sondern auch dadurch, dass die erstmalige Exposition mit dem suchtauslösenden Medium später in der Lebensgeschichte erfolgt. Es ist zu diskutieren, ob die Genese und der Zeitverlauf des beobachteten ADHS-artigen Störungsbilds bei Glücksspielern auf anderer neurobiologischer oder sozialer Basis entsteht als bei Internet- und computerspielabhängigen Menschen oder ob es es ein Artefakt ist.

Literatur: 1. Carlton PL, Manowitz P, McBride H, Nora R, Swartzburg M, Goldstein L. Attention deficit disorder and pathological gambling. Journal of Clinical Psychiatry 1987; 48(12):487-488. 2. Chan PA, Rabinowitz T. A cross-sectional analysis of video games and attention deficit hyperactivity disorder symptoms in adolescents. Annals of General Psychiatry 2006; 5. 3. Bioulac S, Arfi L, Bouvard MP. Attention deficit/hyperactivity disorder and video games: A comparative study of hyperactive and control children. European Psychiatry 2008; 23(2):134-141. 4. Rodriguez-Jimenez R, Avila C, Jimenez-Arriero MA et al. Impulsivity and sustained attention in pathological gamblers: Influence of childhood ADHD history. Journal of Gambling Studies 2006; 22(4):451-461.